Urolithiasis: Blasengrieß, Blasensteine, Harngrieß & Co.
Achtung! Bei urinnassen Fell besteht die extreme Gefahr von Fliegenmaden befallen zu werden! Schützen Sie Ihr Kaninchen!
Konkrementablagerungen in den Harnwegen sind eine besonders bei Innenhaltung häufig diagnostizierte Erkrankung, auch wenn sie insgesamt bei nur etwa 0,3-1,3% der Kaninchen aufzutreten scheint.
Es werden Blasengrieß (Harnkristalle in der Blase oder im Urin) und Harnsteine (je nach Lage: Nieren-, Harnleiter-, Harnblasen- oder Harnröhrensteine) unterschieden. Beim weiblichen Kaninchen treten nur Blasensteine auf, beim Rammler auch Harnröhrensteine.
Blasensteine bestehen aus:
- Kalziumkarbonat
- Kalziumphosphat
- Kalziumoxalat
- selten Struvit.
Symptome: Wie zeigt sich das?
Die Symptome sind je nach Ausprägungsform unterschiedlich. Folgende Anzeichen können durch Blasengrieß auftreten, oft zeigt sich nur eines der Symptome:
- blutiger Urin (roter Tropfen im normalen Urin, komplett roter Urin ist kein Blut!)
- Harnabsatzprobleme
- Grieß im Urin (sandige Ablagerung im Urin)
- vermehrter Harndrang
- Schmerzen beim Harnabsatz
- Inkontinenz/Unsauberkeit
- struppiges, glanzloses Fell
- Gewichtsabnahme
- (chronische) Blasenentzündungen
- nasses, anpinkeltes Fells durch Blasenentzündungen, teils in Folge auch entzündete Haut
- Durchfall
- reduzierter Allgemeinzustand, ruhiges Verhalten
- reduzierte oder eingestellte Nahrungsaufnahme bei starken Schmerzen
- Ständiges Pressen ohne dass Urin kommt spricht oft für einen Harnleiterstein, dieser führt zu einem Rückstau in die Nieren, was lebensbedrohlich ist. Notdienst aufsuchen!
- selten: Blähungen, Krämpfe und Lähmungen bzw. Gangstörungen der Hinterbeine
Ursachen: Wie entstehen Blasensteine und Grieß?
Harnwegserkrankungen gehören neben Zahnerkrankungen und Verdauungsproblemen zu den häufigsten Erkrankungen, die durch Ernährungsfehler begünstigt oder ausgelöst werden. Zwar wird die Entstehung von Grieß und Steinen durch erbliche Faktoren beeinflusst, allerdings tritt auch bei starken Prädispositionen für solche Erkrankungen bei optimaler Ernährung und Haltung selten eine Erkrankung auf (und wenn doch, dann zu anderen Grunderkrankungen dazu, die z.B. durch Schmerzen zu einem reduzierten bewegungsverhalten führen oder durch Infektionen die Harnwege belasten). Fast alle Erkrankungen der harnableitenden Organe sind fütterungsbedingt. Kaninchen haben einen speziellen Kalziumstoffwechsel, wodurch sie bei falscher Ernährung sehr schnell zu Konkrementen in den ableitenden Harnorganen neigen. Sie absorbieren das Kalzium nicht bedarfsorientiert, sondern in großen Mengen aus dem Futter. Dadurch wird es über die Nieren ausgeschieden. Wird es nicht durch viel Wasser (Frischfutter-Fütterung) ausgespült oder ist die Niere in ihrer Funktion eingeschränkt, so lagert es sich in der Niere oder Blase ab: Es entsteht Grieß oder sogar Steine. Begünstigt wird die Konkrementbildung zudem durch den basischen pH-Wert des Urins.
Meist ist die Entstehung nicht nur durch eine Ursache zu erklären sondern durch das Zusammenspiel mehrerer Faktoren:
- Erbliche Veranlagung
- Trockene oder falsche Ernährung
- Wassermangel durch trockene Fütterung (Trockenfutter, Heu, Trockenkräuter) oder
- Unzureichendes Wasserangebot, z.B. Nippeltränken (aus Schalen wird mehr getrunken als aus Nippeltränken)
- Einseitige Ernährung mit trockenen, stark kalzium- oder oxalsäurereichen Futtermittel
- Wenig Bewegung, Haltungsfehler
- Bewegungsmangel (durch schmerzhafte Erkrankungen oder beengte Haltung – das Sediment wird weniger aufgeschüttelt vor dem Urnieren und die Toilette wird seltener aufgesucht)
- Innenkaninchen sind extrem häufig betroffen, Außenkaninchen kaum (weniger Bewegung, Vitamin D, seltener Urinabsatz, häufigere Kastration…)
- seltener Urinabsatz (kastrierte Kaninchen markieren weniger, Innenkaninchen haben oft weniger Toilettenplätze)
- Übergewicht (und dadurch weniger Bewegung)
- Höheres Alter (Senioren)
- Andere Erkrankungen & Infektionen
- Jegliche Erkrankungen, die zu weniger Bewegung führen (schmerzhafte Erkrankungen, Spondylose/Arthrose/Arthritis, …)
- Harnwegsinfektionen (z.B. durch unsaubere Haltung), andere
- Entzündungen im Körper
- Nierenerkrankungen (z.B. der Erreger E. Cuniculi, Kalzium wird zu 80% über die Nieren ausgeschieden)
- Erbliche Veranlagung
- seltener Urinabsatz (kastrierte Kaninchen markieren weniger, Innenkaninchen haben oft weniger Toilettenplätze)
- Vitamin D Mangel (Innenhaltung, Fensterglas fängt die UVB-Strahlen ab)
„Als auslösende Ursachen werden neben dem Kalziumüberschuss vor allem Fehlfütterung, Bewegungsmangel und zu geringer Wasserumsatz angesehen. Weil Fehlfütterung oft mit Fettsucht (Adipositas) und Bewegungsmangel einhergeht, ist der Begriff „fat lazy rabbit syndrome“ (=„dickes-faule-Kaninchen-Syndrom“) entstanden, der die Entstehung von Erkrankungen der Harnwege bei übergewichtigen und bewegungsarmen Tieren beschreibt.“
Dr. med. vet. Stefan Gabriel
Kaninchen sind Frischköstler, die sich in der Natur fast ausschließlich von frischen Pflanzen ernähren. Diese bestehen zu etwa 80% aus Wasser, dieses wird bei der Fütterung automatisch mit aufgenommen. Aus Futterversuchen ist bekannt, dass Kaninchen deutlich mehr Wasser aufnehmen, wenn sie von Frischfutter als Hauptnahrung ernährt werden und zusätzlich Wasser zur freien Verfügung bekommen, als wenn sie zu einem bedeutenden Anteil trocken ernährt werden und dazu trinken dürfen, so viel sie wollen. Das aufgenommene Wasser wirkt stark verdünnend, d.h. auch wenn sehr viel Kalzium aufgenommen wird, kann durch eine hohe Wasseraufnahme erreicht werden, dass die Kalziumkonzentration im Urin und in den Harnwegen gering ist. Bei einer hohen Kalziumkonzentration mangels Wasserzufuhr über Frischfutter setzt sich Kalzium in Form von Konkrementen ab (Blasengrieß) und es kommt recht bald zur Steinbildung. Durch eine frischfutterreiche Ernährung wird das Kalzium problemlos aus den Organen gespült und ausgeschieden. Je mehr Kalzium in der Relation zur Wasseraufnahme aufgenommen wird, desto eher kommt es zu Ablagerungen.
„Bei geringen Wasserangebot und gleichzeitig hohen Kalziumangebot steigt die Gefahr der Harnsteinbildung. Diese Gefahr ist jedoch gering, solange das Harnvolumen hoch genug ist. Das Harnvolumen hängt direkt von der aufgenommenen Wassermenge ab […]. Eine verstärkte Wasseraufnahme trägt dazu bei, die Konzentration harnpflichtiger Substanzen im Harn zu reduzieren, was in der Folge zu bei der Kalziumausscheidung und einer möglichen Steinbildung eine wichtige Rolle spielt, d.h. je mehr Wasser aufgenommen wird, desto geringer ist die Gefahr, dass Harnsteine gebildet werden.“
Dr. med. vet. Natalie Dillitzer: Kaninchen; in: Ernährungsberatung in der Kleintierpraxis: Hund, Katze, Reptilien, Meerschweinchen, Kaninchen. Urban&Fischer, 2009
Ein weiterer Faktor, der Harnwegserkrankungen begünstigt, ist wenig Bewegung, eine unsaubere Haltung (sitzen im Kot/Urin durchtränkten Einstreu); Übergewicht, Bewegungsmangel und das Kalzium-Phosphor-Verhältnis in der Nahrung. Auch eine Nippeltränke führt gegenüber einem Wasserangebot aus einer Schale zu einer reduzierten Wasseraufnahme.
„Füttern von Saftfutter erhöht die Wasseraufnahme deutlich und verdünnt somit den Urin. […] Eine Fütterungskorrektur weg von konzentriertem Fertigfutter hin zu einer voluminösen und faserreichen Grünfutterration steigert nicht nur den Wasserumsatz, sondern sorgt auch für eine ausgiebige Kautätigkeit und eine gute Abnutzung der ständig wachsenden Zähne. […] Viel Freilauf ist eine sehr wichtige zusätzliche Maßnahme gegen Verfettung und hilft durch mehr Beweglichkeit und häufigeren Urinabsatz Harnsteinen vorzubeugen.“
Dr. med. vet. St. Gabriel
Viele Wohnungskaninchen haben einen Vitamin D Mangel, der sich ebenfalls stark auswirken kann. Mit einer UVB-Lampe oder angereicherten Futter (z.B. JR Farm Grainless Herbs im Zoohandel) lässt sich dieser beheben und vorbeugen. Auch Stoffwechselstörungen, Erkrankungen der Niere und Entzündungen im Körper können ursächlich sein. Deshalb ist es wichtig, bei unklarer Ursache alle Möglichkeiten auszuschließen. Sehr häufig wird die Niere durch den Erreger E. Cuniculi befallen, diesen Erreger trägt fast jedes zweite Kaninchen in Deutschland. Dadurch wird die Nierenfunktion eingeschränkt und es kann zur Konkrementbildung kommen. Der Erreger sollte bei Blasengrieß oder Steinbildung immer im Blut getestet und ggf. mit Panacur mitbehandelt werden. Auch gut ernährte und gehaltene Kaninchen können dadurch Harngrieß bekommen.
„Aus der Nippeltränke wurde deutlich weniger gerne Wasser aufgenommen als aus offenen Schüsseln. Wasser soll immer ad libitum zur Verfügung stehen, damit kompensatorische Mechanismen, vor allem in der Niere, nicht aktiviert werden (TSCHUDIN 2010). Diese bewirken eine verminderte Wasseraufnahme, die langfristig zu Urolithiasis, vor allem bei hohen Calciumgehalten im Futter (KAMPHUES 1991), führen kann. Dies ist vor allem bei einer bedarfsüberschreitenden Gabe von Calcium zu bedenken (FEHR 1999a).“
A., K. Korn (2016): Zahn- und Kieferveränderungen beim Kaninchen. Diagnostik, Auftreten und Heritabilitäten.
„Wenn Kaninchen und Meerschweinchen wie empfohlen nahezu ausschließlich mit frischem Grün gefüttert werden, wird über die Nahrung sehr viel Wasser aufgenommen: Das ist das Beste, um Harngries und Harnsteinen vorzubeugen. Tiere mit Harngries- oder Harnsteinproblemen sollten am besten keinerlei trockenes Futter – auch kein Heu – bekommen.“
Dr. med vet Diana Ruf, http://tieraerztin-ruf.de/2017/07/24/gesunde-ernaehrung-von-meerschweinchen-und-kaninchen/
Diagnose: Wie kann man es feststellen?
- Teststreifen des Urins zeigen Blut im Urin (kann jedoch auch durch eine Blasenentzündung bedingt sein) z.B. diese
Urinstick auswerten: pH-Wert: Beim gesunden Kaninchen ist ein pH-Wert von 8-9 normal. Ein erniedrigter pH-Wert weißt auf eine bakterielle Blasen- oder Nierenentzündung bzw. Stoffwechselentgleisung (Ketoazidose) hin. Erythrozyten: Positiv durch Blut (Erkrankungen Blase oder Gebärmutter), aber: Blut auch durch Uringewinnung (Spontanunrin blutfrei, Blase ausdrücken: 1+ bis 4+; Zystozentese und Katheterisierung: meist 1+). Protein: beim gesunden Kaninchen negativ, bei positiven Ergebnis können vielfältige Erkrankungen dahinterstecken (Harnwege, Niere, Herzerkrankungen (inkl. Thymom), Schock… Nitrit: Beim gesunden Kaninchen ist Nitrit negativ. Ein positiver Befund deutet auf Harnwegserkrankungen hin (falsch positive Befunde durch Kontamination (Keime) oder nitratreiche Nahrung). Bilirubin: Beim gesunden Kaninchen negativ. Positive Werte sind oft ein Hinweis auf Leberkokzidiose. Leukozyten: nicht aussagekräftig beim Kaninchen. |
- Urinuntersuchung unter dem Mikroskop um zu bestimmen, um welchen Harnstein es sich handelt und Entzündungszeichen festzustellen, hier sind auch nicht rötngendichte Steine sichtbar
- Röntgenbilder als sicheres diagnostisches Mittel für Grieß und Steine, immer aus mehreren Positionen geröngt, da sonst einzelne Harnsteine nicht sichtbar sein können!
- Ultraschalluntersuchungen
- Blutcheck, besonders der Nierenwerte und des E. Cunicul Titers (um Nierenfunktionsstörungen als Ursache für Harngrieß auszuschließen oder mitzubehandeln)
Ein Ansäuern des Urins, z.B. mit Vitamin C, wirkt beim Kaninchen nicht gegen Blasengrieß und -steine!
Therapie: Wie wird es behandelt?
- Blasengrieß wird beim Tierarzt durch eine Blasenspülung (Schwenken oder Massieren um den Grieß aufzuwühlen, Infusionen und anschließende Entleerung der Blase, aber Achtung, unsachgemäß durchgeführt kann sie zum Blasenriss führen) ausgespült.
- Je nach Verlauf der Heilung kann es sein, dass der Tierarzt die Vorgehensweise zeigt, so dass man täglich selbst zu Hause behandeln kann. Dafür wird die Blase aufgeschüttelt und danach mit Infusionen das Ausschwämmen des der Konkremente veranlasst. Das Ausdrücken der Blase wird i.d.R. nicht vom Halter durchgeführt, sondern nur beim Tierarzt.
- Gleichzeitig werden mit einem Antibiotikum (z.B. Baytril) die Entzündung der Blase behandelt. Bei chronischer Blasenentzündung ist Angocin ein gutes Mittel (Schutzschicht abwaschen, damit es gefressen wird, oder mörsern und dann eingeben).
- Schmerzmittel (z.B. Metacam) ist sehr wichtig gegen die chronischen Schmerzen, da das Tier sich sonst weniger bewegt und dadurch der Blasengries verstärkt wird oder nicht weggeht.
- Sehr kleine Blasensteine können wie Harngrieß behandelt werden, größere Blasensteine werden operativ entfernt, da sie in der Harnröhre stecken bleiben würden. Gleiches gilt für Harnröhrensteine. Der Stein kann auf seine Zusammensetzung hin untersucht werden.
- Um dauerhaft Erfolg zu haben, muss die Ernährung angepasst werden. Es sollte eine reine Frischfutter-Fütterung mit mindestens 70% Grünfutter und höchstens 30% nicht-blättrigem Gemüse umgesetzt werden. Alle trockenen Futtermittel (Trockenkräuter, Trockenfutter, Heu…) enthalten eine sehr hohe Kalziumkonzentration bei geringer Wasserkonzentration. Dadurch steigt die Kalziumkonzentration im Urin extrem an und das Kalzium fällt aus (Ursache für Blasengrieß). Siehe weiter unten auf dieser Seite.
- Kräuterreiches Heu ist ungeeignet, ideal ist Timothy-Heu geeignet.
- Das Frischfutter sollte nach dem Waschen nicht getrocknet werden, so wird deutlich mehr Wasser aufgenommen. Bespritzen Sie das Frischfutter regelmäßig mit einem sauberen Blumensprüher oder tauchen es in Wasser, bevor es gefüttert wird.
- Die Trinkmenge kann erhöht werden, indem (verdünnte) Obst und Gemüsesäfte (ohne Zuckerzusätze) zusätzlich zum Wasser angeboten werden. Auch Löwenzahnsaft (Reformhaus) kann hilfreich sein. Viele Tiere trinken auch Nieren- und Blasentee freiwillig.
- Das Wasser sollte aus einem Napf oder Vogelnapf (am Gitter einzuhängen) angeboten werden, und nicht aus einer Nippeltränke (über diese wird weniger getrunken!).
- RodiCare Uro (alfavet), Uroplex und Urologist können unterstützend verabreicht werden. Sie sorgen i.d.R. für ein besseres Durchspülen der Blase, da sie harntreibend wirken.
- Ebenfalls harntreibend sind viele Kräuter (z.B. Brennnessel, Pfefferminz, Petersilie, Schachtelhalm, Birke., Löwenzahn…) und stellen somit bei täglicher, frischer Gabe eine echte Alternative zu den oben genannten Mitteln dar.
- Bei einigen Tieren (leider nicht allen) haben auch Eurologist bzw. bei Blasensteinen Lysium zu sehr guten Erfolgen geführt.
- Es kann auch hilfreich sein, die Blase richtig „durchzumischen“, so dass sich der Blasenschlamm nicht unten ablagert, sondern aufgewühlt und mit ausgeschieden wird. Dafür kann das Kaninchen geschwenkt („Schwenkgriff“ – beim Tierarzt zeigen lassen) oder die Blase getätschelt (Kaninchen sitzt normal da, im hinteren Bereich des Bauches wird die Blase getätschelt, um den Gries aufzuwühlen) und das Futter erhöht (Wiesen-Raufen) oder an Seilen aufgehängt gereicht werden. Außerdem ist es möglich, regelmäßig leicht die Blase zu massieren und so den Blasengrieß aufzuwühlen.
- Auch viel Bewegung führt zur Durchmischung der Blase: Geben Sie Ihrem Kaninchen ein großes Gehege und sehr viel Auslauf und Abwechslung. Stellen Sie das Inventar regelmäßig um.
- Bewegt sich ihr Kaninchen trotzdem eher wenig, so sollte die Ursache gefunden werden. Häufig ist z.B. Einzelhaltung, zu wenig Platz oder Schmerzen (andere Erkrankungen wie z.B. Ohrenentzündungen, Gelenkserkrankungen oder Gebärmuttererkrankungen, teils auch Verwachsungen nach Bauch-OP`s) die Ursache. Dafür kann beim Tierarzt umfangreiche Diagnostik nötig werden!
- Bei Übergewicht ist dringend eine Gewichtsabnahme anzuraten!
- Achten Sie in Wohnungshaltung auf eine ausreichende Versorgung (keine Vitamin-Zusätze!) von Vitamin D mit UVB-Lampen oder direkten Tageslicht (ohne Fensterglas dazwischen).
- Besteht parallel eine Blasenentzündung, so kann es zu einem Teufelskreis kommen, dann sollte diese gleichzeitig intensiv behandelt werden!
- Sollte E. Cuniculi (EC) nachgewiesen sein, ist neben den Infusionen Panacur als Kur zu verabreichen, denn EC kann die Nierenfunktion beeinträchtigen.
- Bei unbehandelten oder halbherzig behandelten Blasengrieß, leiert die Blase leider sehr schnell aus, dann ist das Problem chronisch! Deshalb ist es entscheidend, von Anfang an intensiv von der Ernährung, über die tierärztliche Behandlung, Haltung und Pflege alles intensiv umzusetzen und so die ausgeleierte Blase mit chronischen Blasenproblem zu vermeiden!
- Häufig ist bei schweren Verläufen die Blase bereits „ausgeleiert“ und überdehnt, so dass sie sich nie vollständig entleert und dauerhaft Blasengries auftritt. Dann muss eine intensive Dauerbehandlung erfolgen (der Tierarzt zeigt, wie der Gries in der Blase aufgeschwämmt und infundiert wird, siehe auch weiter oben). Eine Heilung ist dann nicht mehr möglich!
- Liegt eine Störung der Blasenentleerung vor, so können spezielle Medikamente dagegen helfen (z.B. Betanechol 1,25-5mg/kg KGW, 3x tägl.).
- Wenn mit der regulären Behandlung kein Erfolg erzielt wurde, kann in Ausnahmefällen eine Behandlung mit Diuretika, z.B. Hydrochlorothiazid in einer Dosis von 1 mg/kg ein- oder zweimal täglich über 23-25 Monate, möglichst begleitet von Infusionen, zur Prophylaxe nach Harnstein-Op´s eingesetzt werden.
- In sehr schweren Fällen kann eine Salzzugabe die Wassermenge erhöhen (0,5g NaCl/kg KG), z.B. auf ein Stückchen Gurke, nicht über das Trinkwasser!
- Als letztes Mittel der Wahl ist für Spezialfälle auch die Gabe von Magnesium-L-Hydrogenasphartan mit 20mg/kg/Tag denkbar.
- Bei erhöhten Nierenwerten: Siehe Niereninsuffizienz
Beispiel Harnstein-OP
Fotos: Saskia Hintze
Ernährung und Haltung bei Erkrankungen der Blase
Bedenken Sie: Nur wenn Sie die Ursache für die Erkrankung langfristig beheben, können sie die Krankheiten der Harnwege heilen und ihnen vorbeugen. Nur mit Medikamenten werden Sie Harngrieß und Ähnliches immer wieder bei ihren Tieren bekommen!
Ernährung
- Wasserzufuhr erhöhen: Bei Harnsteinen oder Grieß ist es besonders wichtig, dass die Kaninchen während der Behandlung und die Jahre danach sehr viel Wasser aufnehmen, denn dieses spült die Organe durch und dabei das Kalzium nach draußen, so dass es sich nicht ablagern kann. Deshalb sollten die Kaninchen frisches, abwechslungsreiches Futter ad libitum (in unbegrenzter Menge, rund um die Uhr) erhalten, denn dieses führt ihnen am meisten Wasser zu. Kaninchen, die von solchen Erkrankungen betroffen sind bzw. zu solchen Erkrankungen neigen, sollten von abwechslungsreichen Frischfutter (im Sommer bevorzugt mit Wiesenkräutern, im Winter mit blattreichen Gemüse und Kräutern) ernährt werden.
Außerdem ist es wichtig, das Wasser rund um die Uhr in einwandfreien Zustand aus einer Schale (aus Nippeltränken wird nachweislich weniger Wasser aufgenommen) anzubieten.
Um die Wasserzufuhr zu erhöhen, kann zusätzlich zur Frischfütterung und zum normalen Wasser auch (verdünnter) Karottensaft, Gemüsesaft oder Obstsaft angeboten werden. Reiner Kräutertee (wenn er gemocht wird) ist ebenfalls sinnvoll. Hier bietet sich ein medizinischer Nieren- und Blasentee an, z.B. HEUMANN Blasen- und Nierentee SOLUBITRAT®. Solche Getränke sollten immer zusätzlich zum Wasser und nicht als Ersatz zur Verfügung stehen.
- Gutes Kalzium-Phosphor-Verhältnis: Achten Sie auf ein ausgeglichenes Kalzium-Phosphor-Verhältnis in der Nahrung von 1,5-2 : 1 (Ca : P) – das entspricht einem Wert von 1,5-2, oder füttern Sie die Kaninchen rein mit Wiesenpflanzen (Tag und Nacht zur Verfügung stellen) oder anderen Grünfutter und keinen anderen Futtermitteln. Wiesenpflanzen, die natürliche Nahrung unserer Kaninchen haben einen noch höheren Kalzium-Phosphor-Wert. Achten Sie darauf, dass in der gesamten Ernährung das Verhältnis ausgeglichen ist. Auf das Kalzium-Phosphor-Verhältnis müssen Sie besonders achten, wenn Sie die Kaninchen nicht rein mit Grünfutter ernähren, sondern die Ernährung mit Gemüse und Heu ergänzen. Oder aber, wenn trotz reiner Wiesenernährung, Harnwegserkrankungen auftreten (sehr starke Veranlagung zu Grieß und Steinen). Liegt der Phosphorgehalt in der Nahrung zu hoch, wird zum Ausgleich aus dem Körper Calcium abgebaut und somit aus den Zähnen und Knochen gezogen. Ist er hingegen zu niedrig, wird das Kalzium nicht ausreichend in die Knochen und Zähne eingebaut. Ist der Kalziumanteil der Nahrung zu hoch, können sich Steine und Grieß bilden, trotzdem ist es absolut nicht empfehlenswert, Kalzium zu reduzieren (kalziumreduzierte Ernährung), auch wenn das vielerorts empfohlen wird, denn dann kommt es zu Kalziummangel und dieser führt durch den Abbau von Kalzium aus dem Körper ebenfalls zu Harnsteinen und Blasengrieß, aber auch zu weichen Knochen und dünnen/brüchigen Zähnen. Grünfutter mit einem schlechteren Verhältnis darf in der täglichen Grünfuttermischung enthalten sein, aber die Mischung sollte hauptsächlich Grünfutter mit einem guten Kalzium-Phosphor-Verhältnis enthalten. Heu wird zusätzlich angeboten, aber nach Möglichkeit sollte so viel Frisches zur Verfügung stehen, dass sie kaum Heu fressen. Bitte kein sehr kräuterreiches Heu verwenden. Getrocknete Kräuter sind bei Kaninchen, die zu Blasengrieß neigen, tabu. Möchten Sie trotzdem Blätter und kalziumarme Kräuter verwenden, dann bitte niemals täglich und auch nur in Kleinst-Mengen. Sämereien, Getreide, hartes Brot, Knabberstangen, Snacks/Leckerlis und Trockenfutter begünstigen Harnwegserkrankungen und sollten keinesfalls angeboten werden.
Bitte machen Sie keinesfalls den Fehler, kalziumarm zu füttern. Leider wird das immer noch vielerorts empfohlen, ist jedoch gesundheitsschädlich und schadet mehr, als das es nutzt (was nicht heißen soll, dass sie Unmengen Kalziumbomben anbieten sollten). Durch die Erhöhung der Wasserzufuhr wird die Nahrung automatisch „kalziumarm“, das benötigte Kalzium kann aber aus der Nahrung gezogen werden, so dass keine Schäden an den Knochen oder Zähnen auftreten können.
- Magnesium ist ebenfalls wichtig für den Kalziumstoffwechsel und in Gemüse in zu geringen Mengen enthalten. Es sollte durch Küchenkräuter und Gemüsegrün (z.B. Möhrengrün, Fenchelgrün…) in ausreichender Menge zur Verfügung stehen.
- Erhöht füttern: Damit der Grieß aufgeschwemmt wird und ausgeschieden werden kann, hat es sich bewährt, das Frischfutter erhöht anzubieten, so dass sich die Kaninchen bei der Nahrungsaufnahme strecken und Männchen machen müssen. Dafür eignen sich Futterraufen und an Schnüren aufgehängtes Futter.
- Nasses Grünfutter: Zudem kann es sinnvoll sein, das Grünfutter nass zu machen, so dass die Kaninchen mehr Wasser aufnehmen, mit einem Blumen-Sprüher kann es nachbefeuchtet werden.
- Harntreibende Kräuter: Unterstützend wirkt die Gabe von harntreibenden Kräutern: z.B. Brennnesseln (ca. 1 Stunde anwelken lassen, damit sie nicht mehr brennt), Birkenblättern und -rinde, Ackerschachtelhalm/Zinnkraut (gibt es auch als Saft), Spargel (wenn sie ihn fressen), echtes Goldrutenkraut oder Riesengoldrutenkraut, Löwenzahn (gibt es auch als Saft), Petersilie, Petersilienwurzel und Liebstöckel.
- Vitamin D Mangel: Beachten Sie bei Wohnungskaninchen, dass eine ausreichende Vitamin D Versorgung gesichert ist. Die meisten Kaninchen haben in Wohnungshaltung oder dürsteren Ställen einen starken Mangel. Fensterglas fängt UV-B Strahlen ab, die Kaninchen benötigen diese jedoch, um Vitamin D selbst im Körper herzustellen. Verwenden Sie angereichertes Futter oder noch besser eine UVB-Lampe oder ermöglichen Sie ihren Kaninchen täglich längere Zeit Zugang zu direkten Sonnenlicht, ohne Fensterglas dazwischen (offene Fenster, Balkonausgang, Gartengehege…).
- Bewegung: Kaninchen die sich viel bewegen und aktiv sind, bekommen selten Harnwegserkrankungen. Übergewicht, Bewegungsunlust (durch andere Erkrankungen), ein langsamer Stoffwechsel (durch Vitamin-Mängel oder trockene Fütterung), wenig Abwechslung und wenig Platz (Einsperren in Käfige/Ställe) begünstigt Harnwegserkrankungen. Achten Sie darauf, dass ihre Kaninchen munter sind, sich sehr viel bewegen, neugierig sind und viel Platz haben. Zu ruhige Kaninchen sind oft krank oder werden falsch gehalten bzw. ernährt.
„Wildkaninchen haben natürlicherweise viel körperliche Bewegung, fressen den ganzen Tag über saftiges Grünfutter und setzen zur Markierung ihres Territoriums sehr häufig Urin ab, niemals jedoch in ihrem Bau.
Dr. med. vet. St. Gabriel
Wie gegensätzlich ist da der Tagesablauf eines typischen „Käfiginsassen“: kaum Bewegung, oft fehlerhafte Fütterung mit kaloriendichten und kalziumreichen Trockenfuttermitteln, vielleicht auch noch „ergänzt“ durch Angebot eines Kalk-Nagesteins. Verfettete Kastraten haben oft einfach keinen Grund, sich mehr zu bewegen als von der Futterschüssel zur Pinkelecke. Markieren in der Wohnung ist – falls überhaupt Freilauf angeboten wird – nicht erwünscht und wird durch die Kastration ausgeschaltet. Die minimale körperliche Aktivität führt zur Bildung kleiner Mengen hochkonzentrierten Urins, der selten abgesetzt wird und so die Ausfällung von Kristallen in der Blase begünstigt.“
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