Enteritis und Enterocolitis

Weitere Bezeichnungen: Mukoide Enteritis, Enterocolitis, enzootische Enteropathie, Rabbit Epizootic Enteropathie (REE),  Clostridium-Infektion, E. Coli, Klebsiella variicola, Darmlähme, Proktitis

Was ist eine Enterocolitis, was eine Enteritis?

Das Wort Enterocolitis setzt sich aus den Begriffen Enteritis (Darmentzündung) und Colon (Grimmdarm) zusammen und bezeichnet eine Schleimhautenzündung im Colon des Kaninchens. Die Enteritis ist hingegen der Überbegriff für eine Darmentzündung. Meistens wird bei diesem Begriffen nur die bakterielle Enteritis gemeint, da diese ansteckend sein kann und in Zuchten oftmals seuchenartig auftritt.

Die Enteritis und Enterocolitis sind eine Faktorenkrankheit, die meist nur auftritt, wenn ungünstige Fütterungs-, Haltungs- und Hygienezuständen sowie ein geschwächtes Immunsystem aufeinandertreffen. Deshalb spielt sie auch in der Hauskaninchenhaltung kaum eine Rolle, bzw. kann wenn überhaupt geschwächte Einzeltiere, besonders in schlechten Haltungssystemen betreffen. Bei guter Haltung tritt sie nur bei Einzeltieren mit sehr schlechtem Gesundheitszustand in Erscheinung. In Zucht- und Mastbetrieben ist sie jedoch ein sehr großes Problem und kann seuchenhaft auftreten. Besonders häufig sind Absetzer betroffen.

Eine Ausnahme ist eine Darmentzündung durch das Bakterium Klebsiella variicola, welches auch bei gesunden, jüngeren Kaninchen zu schweren Symptomen kommt, welche häufig als Magendilatation fehldiagnostiziert werden.

Symptome: Woran erkennt man eine Enteritis oder Enterocolitis?

Die Erkrankung verläuft phasenweise, typischerweise tritt folgender Ablauf auf, die Phasen können vertauscht sein:

  • 1. Phase: Durchfall und Gewichtsverlust, meistens dünnflüssiger, stinkender (fauliger Geruch) oder geleeartige Beimischung. Bei E. Coli-Infektionen tritt meistens nur Durchfall auf, Clostridien verursachen im Blinddarm Verstopfungen. Klebsiella variicola verursacht meistens Appetitlosigkeit durch eine Blinddarmentzündung.
  • 2. Phase: verringerte Nahrungsaufnahme, teils bis hin zu kompletten Einstellen der Futteraufnahme, zurückgezogenes Verhalten (Apathie).
  • 3. Phase: Verstopfung, Appetitlosigkeit und Apathie (durch die Lähmung der Darmwand Verhinderung des Weitertransports der Nahrungsbestandteile, für den Tierarzt ist zunächst eine zähe Masse, später ein harter Nahrungsbrei tastbar).
  • 4. Phase: Der Flüssigkeitsverlust führt zum Austrocknen, dadurch kommt es zum Kreislaufversagen, ggf. Atemnot und zum Tod.

Was fördert Enteritis und Enterocolitis?

  • Parasitenbefall, vor allem Kokzidien, aber auch Würmer. Diese werden über eine Kotprobe ermittelt und  müssen zeitnah behandelt werden.
  • Schlechte Haltungsbedingungen, z.B. Buchtenhaltung, Einzelhaltung, Bewegungsarmut. Bewegung hält die Verdauung gesund und aktiv, da Kaninchen wenig Peristaltik haben.
  • Schlechte Stallhygiene, wodurch sich Parasiten und Bakterien optimal vermehren können.
  • Faserarme, nicht arttypische, proteinreiche Ernährung, die Parasiten im Darm begünstigt und den Bakterien einen optimalen Nährboden bietet. Dazu gehört die Fütterung von Getreide, Trockenfutter, Futtermehlen, harten Brot, Futterpellets und viel Obst. Vorgebeugt wird der Enterocolitis mit faserreicher Frischfutter- und Heufütterung. Ideal ist eine Ernährung, die aus 100% Grünfutter (Wiese, Blattgemüse, Kräuter, Zweige) besteht.
  • Nahrungsumstellungen (besonders Fbei geringen Rohfasergehalt, zu proteinreicher Nahrung, zu fein gemahlenen Futter oder ungeeignete Wasserversorgung)
  • Ein schlechter Allgemeinzustand der Tiere oder andere Erkrankungen, die es schwächen, können auch in guten Haltungssystemen dazu führen, dass ein Einzeltier von der Enterocolitis betroffen ist. Dann sollten Grunderkrankungen gefunden und behandelt werden.
  • Jungtiere sind gefährdeter, besonders in der Absetzphase. Deshalb sollten sie lange gesäugt und mit Grünfütterung abgesetzt werden. Kaninchen-Jungtiere können Stärke aus dem Trockenfutter nicht verdauen, strukturarmes Futter begünstigt zudem die Bildung der Schadbakterien und Parasiten.
  • Die Gabe bestimmter Antibiotika kann eine Enterocolitits auslösen (Penicillin, Lincomycin, Ampicillin, Amoxicillin, Cephalosporine, Clindamycin, Erythromycin)
  • Hitze: Bei höheren Temperaturen kann die Blinddarmflora kippen.

Auslöser

Stress ist i.d.R. der direkte Auslöser. Beispielsweise durch Vergesellschaftungen, Streit in der Gruppe, häufiges Anheben und „Bekuscheln“, ein Umgebungswechsel etc. Nach einem stressigen Ereignis wird der Blinddarminhalt stärker alkalisch, was die gesamte Darmumgebung beeinflusst. Dies wiederum hat eine Wirkung auf die Darmflora (Bakterien) innerhalb derer sich schädliche Bakterien (z.B. Escherichia coli, Klebsiella variicola, Corynebakterien,  Pasteurella sp. oder Clostridium spp.) stark vermehren können.

Achtung: Die Symptome treten zeitversetzt zum auslösenden Ereignis, oft erst eine Woche danach auf!

Wie findet man heraus, dass es sich um Enteritis oder Enterocolitis handelt?

An erster Stelle sollte eine Kotprobe untersucht werden. Im Zusammenspiel mit dem Allgemeinbefinden, typischen Symptomen und der allgemeinen Untersuchung lässt sich so die Verdachtsdiagnose stellen. Sollte bereits ein Tier verstorben sein, ist eine Obduktion anzuraten, die Gewissheit bringt.

Wie wird eine Enteritis oder Enterocolitis behandelt?

Die Behandlung gegen bakterielle Enteritis kommt manchmal spät, da die Tiere sehr schnell sehr schwer krank werden. Sie müssen intensiv stationär wieder aufgepäppelt werden. Antibiotika können aber zumindest die Ansteckung der Partnertiere verhindern.

  • Behandlung ggf. vorhandener Darmparasiten (Kokzidien und Würmer). Für die Kokzidienbehandlung sollte kein Baycox verwendet werden, da es bei Jungtieren und geschwächten Alttieren sehr schlecht verträglich ist. Es gibt gut verträgliche Alternativen wie Vecoxan.
  • auf Verdacht in Akutfällen oder je nach vorangegangenen bakteriologischen Befund aus dem Bestand (z.B. C. perfringens, E. coli, Streptokokken oder Klebsiellen) wird der Tierarzt ein wirksames Antibiotikum einsetzen. Auch Partnertiere müssen mit behandelt werden. Meistens wird Enrofloxacin eingesetzt.
  • warme Vollelektrolyt-Infusionen zur Stabilisierung des Flüssigkeits- und Elektrolythaushalts, und und Lösung des Blinddarminhaltes.
  • Ggf. Probiotika/Präbiotika
  • Ggf. Lactulose
  • Vitamin B Komplex
  • Antitympatikum (z.B. Dimeticon, Sab Simplex…)
  • Schmerzmittel (z.B. Novalgin)
  • Es sollte etwas gegen die Übelkeit und zur Förderung der Magen-Darm-Bewegung gegeben werden. Metoclopramid (MCP 0,2-1mg/kg, 1-3x tägl., Achtung, MCP nicht länger als drei Tage, wenn doch notwendig, dann langsam ausschleichen!) ist in seiner Wirkung nicht wissenschaftlich belegt, Cisaprid wirkt beim Kaninchen leider nicht. Nachgewiesen ist die Wirkung von Lidocain-Infusionen (100 μg/kg/Min. intravenös über zwei Tage) und Mirtazapin (3 mg/kg, 1x tägl.).
  • Umstellung der Haltungs-, Hygiene- und Fütterungsbedingungen.
  • Ein spezifischer Impfstoff gegen Toxine von Clostridium perfringens Typ A wurde zwar entwickelt, ist jedoch aktuell nicht verfügbar.

Quellen u.a.:
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Anonymous: 
Die Darmlähmung beim Kaninchen
Mukoide Enteritis – Enterocolitis – ME – Rabbit Epizootic Enteropathie – REE [http://www.kaninchenwissen.de/knowledge/kb_show.php?id=12, 11.07.17]
Bryskier A, Doll J, Labro MT, Andrieu J. (1981): Role of Clostridium and its toxin in pseudo-membranous colitis. Ann Biol Clin (Paris). 39(1):1-8.
Gabrisch, K., Zwart, P. (2005): 
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IDT Biologika GmbH:
 Der weltweit erste Impfstoff gegen Enterocolitis ist da!
Klausing, H. K.: 
Enterocolitis: Vorbeugen durch systematische Kaninchenernährung? [http://www.klausing.com/futterdoc/Kaninchen/Kaninchen1_Fachartikel/kaninchen1_fachartikel.htm, 11.07.17]
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Das Für und Wider verschiedener Vorbeugemaßnahmen. Ansteckende Darmerkrankungen des Hauskaninchens. Kaninchenzeitung
Scholz, F. (): Enterocolitis der Kaninchen