Bakterielle Darmentzündung durch Klebsiella variicola

Das Bakterium Klebsiella variicola wird der Gattung Klebsiella zugeordnet und wurde 2021 erstmals im Zusammenhang mit unspezifischen Verdauungsbeschwerden, teils mit plötzlichen Tode, oftmals sogar ganzer Gruppen oder großer Tieranzahlen beim Kaninchen in Zusammenhang gebracht und von einigen Tierärzten genauer untersucht. Dabei waren vor allem pathologische Befunde hilfreich, da die Halter ihre plötzlich verendeten Tiere untersuchen ließen und so neue Erkenntnisse gewonnen werden konnten.

K. variicola gilt als neu auftretender Erreger beim Menschen, der Sepsis, Harnwegs- und Magen-Darm-Trakt-Infektionen verursacht. Bei Tieren können Klebsiella spp. mit Infektionen der Harnwege, Atemwege, Verdauungsorgane und Blutvergiftungen (Sepsis) verbunden sein.

Symptome: Wie zeigt sich diese Erkrankung?

Das Bakterium befällt beim Kaninchen nach aktuellen Erkenntnisstand vor allem die Dickdarmabschnitte (Grimmdarm (Colon), Ileum, Caecum (Blinddarm), Rektum (Enddarm)) und führt dort zu einer starken Entzündung der Darmwand.

Betroffene Kaninchen zeigen häufig ein plötzlich zurückgezogenes Verhalten (Apathie) mit Nahrungsverweigerung oder extrem stark reduzierter Nahrungsaufnahme, Fieber oder Untertemperatur, starke Abwehrbewegungen (Schmerzen) beim Abtasten, unruhiges Verhalten (Schmerzverhalten: Strecken, keine Position ist angenehm…) oder auch eine verringerte Kotausscheidung bzw. gelblich-weiße Schleimschicht über dem Kot.

Besonders Blinddarm- und Dickdarmerkrankungen (inkl. Aufgasungen) stehen im Zusammenhang mit Klebsiella variicola.

Häufig wird die Erkrankung mit einer Magendilatation verwechselt, wobei der Magen i.d.R. normalgroß oder geringgradig vergrößert ist. Da die Erkrankung häufig im tierärztlichen Notdienst anzutreffen ist.

Im Unterschied zur Magendilatation ist die Erkrankung ansteckend und wird häufig von Tier zu Tier übertragen, so dass die Kaninchen seuchenartig nacheinander akut erkranken und unbehandelt meist auch sterben.

Besonders schwer betroffen scheinen Jungtiere und junge Kaninchen unter 3 Jahren betroffen zu sein.

Diagnose

Die Diagnose wird gerade im tierärztlichen Notdienst häufig nicht gestellt, was umso fataler ist, da es in Folge zum Massensterben kommen kann.

Als Halter kann man den behandelnden Tierarzt darauf hinweisen. Es ist jedoch zu beachten, dass es sehr viele Ursachen für Nahrungsverweigerung gibt und einige sich auch ähnlich zeigen. Deshalb ist eine genaue Diagnostik wichtig.

Das Röntgen dient dazu, mögliche Differenzialdiagnosen, die sich ähnlich zeigen, auszuschließen.

Mittels Ultraschall können die entzündeten Darmabschnitte erkannt und lokalisiert werden.

Eine frische, bakterielle Kotuntersuchung ermöglicht es, den Keim Klebsiella variicola festzustellen.

Therapie

Treten akute Symptome auf, ist der tierärztliche Notdienst aufzusuchen! Partnerkaninchen sollten mit behandelt werden.

Behandlung des akut erkrankten Kaninchens

  • (multimodale) Schmerztherapie
  • Prokinetikum (MCP, Handelsname Emeprid®)
  • Antibiotikum um den Erreger zu bekämpfen: Mittel der Wahl ist beim Kaninchen Enrofloxacin (Handelsname: Baytril®, Orniflox®), ggf. kombiniert mit Metronidazol. Gegen das Bakterium wirken Enrofloxacin, Marbofloxacin, Metronidazol, Tetracyclin, Cefuroxim, Trimethoprim-Sulfonamid, Neomycin und Gentamicin. Einige andere Antibiotika sind resistent.
  • warme Infusionen zur Stabilisierung des Kreislaufs
  • Ggf. Probiotika/Präbiotika
  • Lactulose
  • Vitamin B Komplex
  • Antitympatikum (z.B. Dimeticon, Sab Simplex…)
  • Wärmen bei Untertemperatur
  • Bei Blinddarmentzündung evtl. chirurgische Therapie (Operation)

Behandlung der anderen Kaninchen und Maßnahmen um weiteren Fällen vorzubeugen

  • Umstellung der Haltungs-, Hygiene- und Fütterungsbedingungen (siehe Enterocolitis)
  • Behandlung möglicher Darmparasiten (Kokzidien und Würmer). Für die Kokzidienbehandlung sollte kein Baycox verwendet werden, da es bei Jungtieren und geschwächten Alttieren sehr schlecht verträglich ist. Es gibt gut verträgliche Alternativen wie Vecoxan.
  • Antibiotische Behandlung der Partnertiere (Wahl des Antibiotikums siehe oben)
  • Oreganoöl zur Vorbeugung (Präparate: siehe Kokzidien)

Ansteckung

Quellen u.a.:

Brisse S, van Duijkeren E. (2005): Identification and antimicrobial susceptibility of 100 Klebsiella animal clinical isolates. Vet Microbiol. 105:307–12. doi: 10.1016/j.vetmic.2004.11.010

Jekl, V., Piskovska, A., Drnkova, I., Skoric, M., Hauptman, K., & Chloupek, J. Case Report (2021): Spontaneous appendicitis with suspected involvement of Klebsiella variicola in two pet rabbits. Frontiers in Veterinary Science, 1441.

Rodriguez-Medina N, Barrios-Camacho H, Duran-Bedolla J, Garza-Ramos U. Klebsiella variicola (2019): an emerging pathogen in humans.Emerg Microbes Infect: 8:973-88. doi: 10.1080/22221751.2019.1634981