Herzerkrankungen
Herzerkrankungen treten in der Regel ab ca. 5,5 Jahren auf, bei großen Rassen auch früher.
Ursachen
- Zu kohlenhydratreiche Ernährung (Kardiomyopathie nach 4-5 Jahren)
- Infektionen durch Bakterien, Viren etc, (Enzephalitozoonose (EC), Staphylokokken, Salmonellen, Clostridien, Kaninchenschnupfen (Pasteurellen), Coronavirus usw.)
- trockene und dadurch zu kalziumreiche Ernährung (hoher Blut-Kalziumspiegel im Blut > Verkalkung der Aorta (Arteriosklerose))
- Vitamin E und Selen Mangel (eine hohe Zufuhr schützt vor Herzerkrankungen)
- Vitamin D Mangel (eine hohe Zufuhr schützt vor Herzerkrankungen)
- Rassebedingte Veranlagung (Deutscher Riesen, Neuseeländer und so gut wie alle anderen Schlachtkaninchenrassen (DCMP und Arteriosklerose), Holländer, Zwergwidder
- In einer Studie wurde beim Hauskaninchen ein um 37,5% geringeres Herzgewicht als beim Wildkaninchen festgestellt
- Übergewicht
- Stress, Bewegungsmangel
- Alterserscheinung (Ermüdung des Herzmuskels)
Symptome
Herzerkrankungen werden meistens sehr spät oder zu spät festgestellt, da die ersten Symptome unauffällig sind. Das erste Anzeichen ist meistens, dass betroffene Kaninchen nicht ausgelassen herumtollen, Freudensprünge zeigen etc. sondern gegenüber Gleichaltrigen eher „ruhig“ und nach Bewegung erschöpft sind.
- Bewegungsunlust: das Kaninchen bewegt sich weniger
- Verminderter Appetit, Abmagerung, Appetitlosigkeit
- Schnelle Ermüdung, schlechte Kondition: das Kaninchen wirkt nach kleinerer Anstrengung erschöpft und atmet schwer
- Blähungen/Aufgasungen
- (zeitweise) vorgeschobene Nickhaut, z.B. bei Hitze oder Stress
- Heraus“quillende“ Augen, herausstehende Augen
- Bewegungsstörungen, unsicherer Gang, Anfälle, Koordinationsprobleme etc.
- Herzgeräusche (Knattern, besonders bei Stress)
- Schwäche
- Aufgasung
- Viele Kaninchen haben unspezifische Symptome, z.B. fressen sie nicht mehr
Akute Anzeichen für Herzversagen:
- Atemnot, starke Flankenatmung, starke Nasenatmung (Nasenbewegungen), offener Mund (durch Wasser in der Lunge/Lungenödem)
- schneller Herzschlag (gesunde Kaninchen haben im Ruhezustand eine Herzfrequenz mit etwa 140 bis 180 Schlägen pro Minute, bei Stress über 300 Schläge je Minute, also über fünf Schläge je Sekunde)
- Offener Mund
- Kopf anheben um besser Luft zu bekommen (im Endstadium), im Extremfall wird der Kopf in den Nacken gelegt
- Wasser im Bauch/Wasseransammlungen/Ödem (Thoraxerguss)
Fallbeispiel Krümel, Mecklenburger Schecke (großes Kaninchen), ca. 5,5 Jahre alt. Mit 5 Jahren nach Silvester zeitweises Vorschieben der Bindehaut (wurde mit Augentropfen behandelt), ein halbes Jahr später über Nacht akutes Herzversagen mit Wasser in der Lunge und im Abdomen, ruhiges Verhalten, aber frisst. Entwässerung mit Dimazon und ACE-Hemmer als Dauermedikation führten zur Stabilisierung. Ein Herzultraschall wenige Wochen später zeigte, dass Krümel ein gesundes Herz, aber eine Umfangsvermehrung neben dem Herzen hat, die auf das Herz drückt. In Frage kommt ein Abszess, Tumor oder ein Thymom.
Im Video ist Krümel etwa sechs Stunden nach der ersten Entwässerungsspritze zu sehen. Starke Flankenatmung, starke Nasenatmung, Wasser im Bauch (hängt herunter), vorgeschobene Nickhaut:
Diagnostik
Bei der Diagnostik sollte beachtet werden, dass betroffene Kaninchen meist sehr stressanfällig sind und beispielsweise beim Röntgen versterben können.
Bei Herzerkrankungen sollte i.d.R. ein Herzultraschall durchgeführt werden. Herzspezialisten finden. Meist kann dir auch dein kaninchenkundiger Tierarzt einen Tierarzt der ein Herzultraschall durchführt in der Nähe empfehlen.
- Abhören mit einem Stethoskop
- Röntgen
- Blutdruckmessung (mit dem Doppler, HDO Blutdruckmessungen gehen beim Kaninchen nicht)
- VHS (vertebral heart score): Referenzbereich (Onuma et al., 2010): 6,8 – 8 (8,5) Brustwirbel; unter 1,6kg – 7,5 Brustwirbel
- Herz-Ultraschall (Echokardiografie)
- Herz-EKG
- Perikardiozentese (diagnostische Punktion des Herzbeutels um die Flüssigkeit zu entnehmen), anschließende bakterielle und zytologische Untersuchung
Röntgenbilder sind unbedingt anzuraten um Differenzialdiagnosen (z.B. Lungenentzündung, Tumore, Abszesse, Thymom etc., die das Herz einschränken…) auszuschließen, zudem sollte ein Herz-Ultraschall durchgeführt werden und festzustellen, welche Herzerkrankung vorliegt. Dann können auch die Medikamente richtig angepasst werden. Ein Herzultraschall wird normalerweise so durchgeführt, dass das Kaninchen normal sitzen kann und der Schallkopf von unten heran geführt wird. So ist das Verfahren stressfreier, was sehr wichtig ist. Der Herzultraschall wird normalerweise nicht bei akuter Atemnot sondern erst, wenn eine Stabilisierung erreicht werden konnte, durchgeführt.
Welche Diagnosen treten beim Kaninchen auf?
- dilatative Kardiomyopathie (DCM), Pumpfunktionsstörung durch Erweiterung des Herzmuskels
- hypertrophe Kardiomyopathie (HCM), zu dicker Herzmuskel, der sich schlecht entspannen kann
- kongestive Herzinsuffizienz (Pumpfunktionsstörung)
- Perikarditis (Herzbeutelentzündung)
- Myokarditis (Herzmuskelentzündung)
- Endokarditis s (Herzklappenentzündung)
- Arteriosklerose (Verkalkung der Arterien)
- Herzklappeninsuffizienz (Mitral- und Trikuspidalinsuffizienz)
Therapie
Einige Kaninchen müssen erst stabilisiert werden, bevor ein Herzultraschall möglich wird. Dafür wird folgende Therapie genutzt:
- Sauerstoff
- Cortison (bei akuter Atemnot (einer der wenigen Fälle, bei denen Cortison beim Kaninchen gegeben werden darf!), nur kurzfristig)
- Diuretika (Entwässerung) bei Wasser in der Lunge
Die Therapie sollte möglichst schonend erfolgen, da z.B. Zwangs-Eingaben von Medikamenten oftmals mehr anrichten als unterstützen. Suchen Sie eine schonende Möglichkeit der Eingabe, z.B. indem Sie das Medikament in einem leckeren Lieblingsfressen verstecken.
Nach umfangreicher Diagostik verschreibt der Tierarzt geeignete Medikamente (je nach Herzerkrankung), z.B.
- Diuretika (Entwässerung): wenn Flüssigkeit in der Lunge ist, Furosemid (Dimazon, Furotab, Lasix etc.)
- ACE-Hemmer (Lastsenker): Benazepril, Enalapril, Ramipril, Telmisartan, Imidapril (Prilium, Fortekor)
- Pimobendan (Pumpfunktionssteigerung): z.B. Vetmedin, Cardisure, Pimotab, Zelys:
Achtung: muss deutlich höher als beim Hund dosiert werden (u.a. Ozawa et al. 2022): 2mg/kg KGW - Spironolacton (Antifibrose): Cardalis
- Herzglycoside (Digoxin: erhöht die Schlagkraft, verzögert Erregungsweiterleitung): Lanicor Tabletten oder zum Spritzen
- Pflanzliche Präparate wie z.B. Cardio Komplex, Cardio Liquid, Weißdornextrakt (Crateagutt Tropfen, Crataegus ad usum vet),
Die Medikamente müssen in der Regel durch Beobachtung und „Ausprobieren“ in der richtigen Dosierung angepasst werden.
Wichtig: Vermeiden Sie hohe Luftfeuchtigkeit und Hitze, jeglichen Stress und Narkosen. Bei Hitze ist ggf. vorübergehend eine Erhöhung der Entwässerungs-Medikationn notwendig.
Quellen:
Müller, E. (1919): Vergleichende Untersuchungen an Haus- Wildkaninchen. Diss
Onuma, M., Ono, S., Ishida, T., Shibuya, H., & Sato, T. (2010): Radiographic measurement of cardiac size in 27 rabbits. Journal of Veterinary Medical Science, 72(4), 529-531.
Ozawa et al. (2022): Pharmacokinetics of pimobendan following oral administration to New Zealand White rabbits (Oryctolagus cuniculus)
Palmero, A. (2023): Respiratory distress in a domestic rabbit (Oryctolagus cuniculus). Emerging Animal Species, 6, 100022.
Schuhmann, B., Helmich, K. (2014): Herzerkrankungen bei Kaninchen.