Fliegenmadenbefall (Myiasis)

Um die Maden zu erkennen, muss man genau hinschauen!

Ein recht gefährlicher und oft unterschätzter Parasit ist die Fliegenlarve.

Befallen werden vorwiegend alte, kranke oder geschwächte Kaninchen in den Sommermonaten. Hat ein Tier Wunden, Kot oder Urin im Fell kleben, kann sich nicht richtig putzen oder ist geschwächt, so ist es hoch gefährdet. Gesunde, vitale Kaninchen werden nicht befallen. Häufige Opfer sind Kaninchen mit Durchfall oder schmutzigen Hinterteil (z.B. weil sie sich nicht putzen können, wie es z.B. bei Gelenkserkrankungen oder Übergewicht der Fall ist).


Ein Befall ist durch kleine, weiße, ovale Eier und die Maden selber ersichtlich, diese werden in der Afterregion oder in einer Wunde abgelegt, die Maden können schon nach acht Stunden schlüpfen. Die Eier wirken oft wie Verklebungen im Fell und sind teils nur schlecht in der Unterwolle zu finden. Auch die Maden sind extrem klein und unscheinbar (siehe Foto). Häufig halten sich die Maden versteckt in den dunklen Hauttaschen rechts und links vom Geschlechtsteil (Inguinaldrüsen, Perinealdrüsen, Geschlechtsecken) auf.

Fliegenmaden-Eier im Fell
Alle Schmeißfliegenarten sind gefährlich für Kaninchen.

Sie fressen sich in das Gewebe und verursachen innerlich große Verletzungen, mitunter auch an den Organen, außerdem kommt es zu inneren Blutungen und Infektionen, meistens wird die Haut stark gereizt und entzündet sich. Oft löst sich auch im fortgeschrittenen Stadium das Fell oder die Haut.

Die betroffenen Kaninchen wirken in der Regel apathisch (teilnahmslos), fressen weniger oder gar nichts, bewegen sich nicht. Manche Kaninchen werden nervös, zucken und putzen sich.

Erste Hilfe

  • Vor dem Tierarztbesuch sollten sichtbare Maden abgeglaubt werden. Indem anschließend das Kaninchen in ein warmes Wasserbad gehalten wird kann man erreichen, dass die Maden hervorkommen. Sie fliehen vor Licht und lassen sich durch Dunkelheit und Wärme hervorlocken. Aber Achtung! Sind bereits Wunden vorhanden, darf man nicht baden, da so Wasser ins Innere des Kaninchens gelangen kann!
  • Wir empfehlen Nitenpyram (Capstar® 1mg/kg in den Mund) in der Notfallapotheke zu bevorraten und im Notfall anzuwenden! Es sorgt dafür, dass die Maden fluchtartig das Kaninchen verlassen. Zumal einige Tierärzte das Medikament nicht vorrätig haben und es ggf. Leben retten kann.

Behandlung

Nur eine sofortige tierärztliche Behandlung kann das Kaninchen retten (möglichst kaninchenkundiger Notdienst), je länger man wartet, desto schlechter sind die Behandlungs-Chancen, das Kaninchen wird während dieser Zeit weiter von innen aufgefressen.

fliegenmaden wunde

Der Tierarzt entfernt als erstes alle äußerlich erreichbaren Maden und Eier, dafür wird auch oft das Fell geschoren/rasiert. Anschließend wird das Kaninchen mit einem antibakteriellen Shampoo oder einer Wundlösung wie z.B. Rivanollösung gebadet und die Wunde desinfiziert. Sehr empfehlenswert ist es, das gesamte betroffene Hautareal mit Kokosöl einzucremen, dieses bewirkt eine schnelle Beruhigung und einen Schutz der Haut und bekämpft die Entzündung (offene Stellen/Wunden nicht eincremen!). Die Maden flüchten vor Licht und werden durch Wärme angezogen, deshalb kann mit einem Föhn nach dem Baden erreicht werden, dass sie hervorkommen. Besonders gerne verstecken sie sich z.B. in den Geschlechtsecken, da sie dunkel und warm sind. Außerdem spritzt der Tierarzt ein Antiparasitikum wie z.B. Ivomec®, oder Dectomax®, auch ein Spot-On wie z.B. Stronghold® ist möglich. Dieses Mittel tötet noch vorhandene Maden ab. Noch besser ist jedoch Nitenpyram (Capstar®, 1mg/kg in den Mund), es bewirkt, dass die noch vorhandenen Maden innerhalb von einer halben Stunde das Kaninchen fluchtartig verlassen und absterben.

fliegenmadenbefall nekrose

Kaninchen mit Fliegenmaden müssen weiter unter Beobachtung stehen, da die inneren Wunden und das innere Ausmaß meist nicht klar ist. Es benötigt je nach Schwere Medikamente zur Beseitigung der Folgen (Meloxicam (z.B. Metacam) gegen die Schmerzen, Wundversorgung etc.), oft muss auch der Kreislauf stabilisiert werden (Infusionen). Ein Antibiotikum ist je nach Befallsstärke erforderlich. Bewährt hat es sich, dreimal täglich das Kaninchen auf übersehene Maden hin abzusuchen und es streng unter Beobachtung zu halten, um das Allgemeinbefinden im Blick zu haben.

Fliegenmaden sind nicht selten tödlich, gerade wenn sie nicht rechtzeitig erkannt und behandelt werden, muss das Kaninchen oft eingeschläfert werden. Es sollte grundsätzlich auch immer die ursächliche Erkrankung behoben werden, sonst lässt der nächste Madenbefall nicht lange auf sich warten.

Schonende Hinterteil-Kontrolle bei scheuen Tieren.

Vorbeugen

Folgende Maßnahmen verhindern einen Befall oder vermindern das Risiko für einen Befall:

  • Sauberkeit: In den Sommermonaten sollten Toilettenecken mindestens alle ein bis zwei Tage ausgemistet werden, dabei müssen starke Verschmutzungen entfernt werden. Durchfall oder andere Dinge, die Fliegen anlocken, sollten mehrmals täglich entfernt werden. Wöchentlich wird das gesamte Gehege gereinigt. Urin und Kot lockt Fliegen an. Es ist sinnvoll, das Gehege mit Essig-Essenz auszuwischen und Durchfall damit zu entfernen, da sie Fliegen ungemein abschreckt.
  • Kontrollen: Kranke und alte Kaninchen, besonders wenn sie sich nicht selber putzen können (schwache Kaninchen, Kaninchen mit Arthrose oder anderen Krankheiten, welche die Bewegung einschränken), Durchfall, Urin oder andere Verschmutzungen oder Wunden im Fell haben, aber auch geschwächte Kaninchen, sollten innen gehalten werden (mit Fliegengittern) oder mehrmals täglich gesäubert und auf Maden hin kontrolliert werden. Langhaarige Kaninchen müssen unbedingt im Afterbereich geschoren werden. Meistens sind geschwächte Kaninchen mit Durchfall betroffen.
Fliegengitter kann recht einfach an Gehegen angebracht werden.
  • Fliegengitter: Ein Fliegengitter vor den Fenstern (Innenhaltung) oder über dem Volierendraht des Geheges (Außenhaltung) verhindert, das Fliegen in die Nähe der Kaninchen kommen können. Fliegengitter gibt es auch in groß oder als Meterware zum über den Volierendraht tackern.
  • Gift: Geeignet sind je nach Haltung insektizid-beschichtete Fensterkleber, Fliegenfallen/Fliegenfänger, Fliegenstrips, Insektensprays und UV-Lichtfallen. Mit allem Gift dürfen die Kaninchen nicht in Kontakt kommen, das Gift darf nur außerhalb des Geheges auf Flächen und an Stellen angewendet werden, die für die Kaninchen nicht erreichbar sind. Bei Gift, das sich in der Raumluft verteilt, müssen die Kaninchen während der Anwendung ausquartiert werden und dürfen erst wieder einziehen, wenn gut gelüftet und das Gift verzogen ist. Sehr bekannt und beliebt ist das Spray von Ardap, das allerdings nicht an Gegenständen angewendet werden sollte, die die Kaninchen abschlecken könnten!
    Ein guter Tipp ist auch diese Fliegenfalle.
  • Pflanzen: Manche Pflanzen haben eine abschreckende Wirkung, z.B. Lavendel, Tomatengrün und Geranien. Besonders Walnussbaumlaub ist sehr effizient zur Fliegenabwehr.
  • Gesundheit: Gesunde, vitale Kaninchen werden nicht befallen. Behandeln Sie kranke Tiere immer gleich. Sehr risikoreich sind Kaninchen mit Wunden, Einnässen mit Urin, Kot am Hinterteil, geschwächte Kaninchen, Kaninchen die sich schlecht putzen (Übergewicht, Gelenkserkrankungen…).

Spot-on zur Vorbeugung gefährdeter Kaninchen

Fliegengitter als Schutzmaßnahme

Diese Mittel werden in den Nacken gegeben und sorgen dafür, dass im Falle eines Madenbefalls die Maden sehr schnell absterben und somit kaum Schäden verursachen bzw. nicht tödlich sind. Ihr erhaltet sie bei euren Tierarzt.

Mittel der Wahl:

  • Permethrin & Imidacloprid (Advantix®), frei verkäuflich erhältlich, siehe Link. 10-30mg/kg alle zwei Wochen in den Nacken auf die Haut (Fell scheiteln) auftragen. Nicht zu viel auf eine Stelle! Ein 40mg Spot-on ist somit für Kaninchen von 1,3 bis 4kg geeignet. Alternativ kann von einem Spot-on mit mehr mg 0,1ml/kg angewendet werden. Einzelne Kaninchen können mit leichten Hautreaktionen (Haarausfall, Irritationen) reagieren. Für Katzen giftig (z.B. wenn Katzen gehalten werden, die die Kaninchen abschlecken).

Weitere Möglichkeiten:

  • Fluralaner (Bravecto®), Wirkdauer ca. 2 Monate
  • Selamectin und Sarolaner (Stronghold Plus®)
  • Pyrethrum (Ixotan®)
  • Pyrethrum (Inuzid-Spray®: möglichst täglich in die Hand oder auf ein Tuch sprühen und gegen den Fellstrich besonders an gefährdeten Stellen einreiben)
  • Permethrin (Exspot®)
  • Deltamethrin (Butox® Protect 7,5 mg/ml pour on: Die Suspension gleichmäßig entlang der Rückenlinie vom der Schädelbasis bis zur Schwanzwurzel aufbringen, alle 35 Tage auffrischen)
  • Vectra 3D (Dinotefuran, Pyriproxifen, Permethrin) in Hunde-Dosierung. Für Katzen giftig, bei engen Kontakt zu Katzen anderes Präparat wählen!
  • Nexgard Spectra (Afoxolaner und Milbemycinoxim) oder FRONTPRO (Afoxolaner) in Hunde-Dosierung, alle 4 Wochen auffrischen
  • In anderen Ländern sind weitere Mittel erhältlich (z.B. Dicyclanil (CLIK 5% pour-on), 30–100 mg/kg Spoton, 1 × im Frühjahr, 16 Wo. Schutz) und Cyromazin (Reaguard rabbits)).

Besprechen Sie mit Ihrem Tierarzt, ob eine vorbeugende Behandlung in Ihrem Fall sinnvoll und nötig ist.

Wichtig

Die besten Vorbeugung ist es, ausnahmslos zweimal täglich zu kontrollieren, ob sich die Kaninchen normal bewegen, normal fressen und ihr normales Verhalten zeigen. Bei jeder Verhaltensänderung, reduzierten Fressverhalten oder Rückzug sollten sie sofort genau angeschaut werden. Kaninchen mit Durchfall und Wunden müssen ebenso zweimal täglich kontrolliert (auch die Geschlechtsecken!) und sofort tierärztlich behandelt werden, Durchfall kann grundsätzlich behandelt werden. Auf diesem Weg kann man Fliegenmaden erkennen, bevor sie Schaden anrichten!

Quellen u.a.:
Beck, W., & Pantchev, N. (2012): Praktische Parasitologie bei Heimtieren: Kleinsäuger-Vögel-Reptilien-Bienen. Schlütersche.
Ewringmann, A. (2016): Leitsymptome beim Kaninchen: diagnostischer Leitfaden und Therapie; 33 Tabellen. Georg Thieme Verlag.
Kraft, W., Emmerich, I. U., & Hein, J. (2012). Dosierungsvorschläge für Arzneimittel bei Kleinnagern, Kaninchen und Frettchen. Schattauer Verlag.
Zinke, J. (2004): Ganzheitliche Behandlung von Kaninchen und Meerschweinchen: Anatomie, Pathologie, Praxiserfahrungen; 14 Tabellen. Georg Thieme Verlag.