Übersicht: Handaufzucht

  • Handaufzucht von Kaninchenbabys
  • Erfahrungsbericht einer Problemaufzucht

Handaufzucht von Kaninchenbabys und von Wildkaninchen

Vergleich: Kaninchen 4 Tage, Feldhase 2 Tage

Wann ist eine Handaufzucht sinnvoll oder notwendig?

Wichtig: Bei Kaninchen sollte immer sicher ausgeschlossen werden, dass die Mutter sich noch um die Babys kümmert, denn bei einer Handaufzucht ist die Sterblichkeitsrate deutlich erhöht und die Entwicklung nicht so positiv wie beim Säugen mit natürlicher Kaninchenmuttermilch.

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Kaninchenwaisen
Der wohl eindeutigste Fall für eine Handaufzucht sind Kaninchenwaisen, die z.B. beim Tod der Hauskaninchen-Mutter oder wenn Kaninchenbabys verwaist gefunden werden, vorkommen. Bei Wildkaninchenbabys ist jedoch zu beachten, dass eine Entnahme aus der Natur strafbar ist, sofern das Kaninchen nicht schwach/krank oder verletzt ist. In diesem Sonderfall darf das Tier vorübergehend mitgenommen und gesund gepflegt werden.

Zerstörte Nester, Babys außerhalb des Nestes
Meist kommt es zur Handaufzucht, wenn die Babys außerhalb des Nestes gefunden werden oder ein Nest zerstört wird. Dann kann man jedoch probieren, an gleicher Stelle ein Ersatznest zu bauen und durch Wiegen feststellen, ob die Kaninchenmutter weiter füttert (dann nimmt das Gewicht nicht ab sondern bleibt gleich oder nimmt um wenige Gramm am Tag zu). Finden Sie ein Kaninchen außerhalb des Nestes vor, so müssen sie dieses aufwärmen (z.B. mit einer Wärmflasche, die unter das Nest geschoben wird) und es zurück ins Nest bringen. Ein höherer Nestrand schützt davor, dass die Babys zu weit weg krabbeln. Das kann generell sinnvoll sein, damit die Babys sich nicht vom Nest entfernen und dann auskühlen/versterben.

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Unzureichend versorgte Kaninchenbabys?
Ebenfalls kann es zu einer Handaufzucht kommen, wenn Babys sich schlecht entwickeln, nicht ausreichend gesäugt werden und faltige/eingefallene Bäuche haben oder nicht wachsen. Bei der täglichen Nestkontrolle (kurzer Blick) fallen öfters Babys auf, die kleiner als die anderen sind. Größen- und Gewichtsunterschiede sind jedoch völlig normal und unbedenklich. Auch der eher grobe Umgang der Mutter (auf den Babys herumtrampeln, drauf springen) ist ganz normal, obwohl er für den Laien oft besorgniserregend grob wirkt. Ebenfalls die Regel ist es, dass die Mutter nur ein bis dreimal tägich das Nest aufsucht um zu säugen und sich sonst nicht weiter für die Babys interessiert. Dieses Verhalten ist instinktiv verankert um Fraßfeinde nicht auf die Babys aufmerksam zu machen. Werden jedoch Babys entdeckt, die eingefallene oder faltige Bäuche haben, sollten sie gewogen werden, so dass man nach 24 Std. feststellen kann, ob sie zugenommen, abgenommen oder ihr Gewicht gehalten haben. Wenn sich der Verdacht erhärtet, dass sie nicht ausreichend ersorgt werden, muss man natürlich diese Babys unterstützen. Kleine und schlecht versorgte Babys sind manchmal kranke Tiere (z.B. sogenannte Kümmerlinge, d.h. Kaninchen die durch fahrlässige Vermehrung vom Letalfaktor betroffen sind und oft nur wenige Tage oder Wochen leben, jedoch in Einzelfällen auch groß werden können), aber es können natürlich auch völlig gesunde Babys sein, die zu wenig Milch abbekommen (z.B. weil sie viele Geschwister haben).
Solange die Babys mindestens 1g in 24 Std. zunehme, sollte man keinesfalls Ersatzmilch zufüttern. Wird an einem Tag ausnahmsweise nicht zugenommen, kann man noch 5 weitere Stunden warten, da Kainchen teils auch mal erst nach 30 Stunden säugen. Sollte das Kaninchen trotzdem icht versorgt werden, so kann man es bei der Mutter kurz anlegen. Bitte in diesem Fall nicht mit Ersatzmilch hantieren, denn der ständige Wechsel der Milch kann das Todesurteil sein.

Die Mutter gibt keine Milch
Gibt die Kaninchenmama keine Milch, so erkennen Sie dies daran, dass die Babys trinken aber nach dem Saugen nicht zunehmen (min. ein Gramm). Ist dies der Fall, so können die Babys trotzdem im Gehege der Mutter bleiben. Die Milch schießt oft erst verspätet ein. Durch das Nuckeln und Treteln der Babys, wird der Milchfluss oft erst verspätet aktiviert. Stellen Sie der Häsin unbegrenzte Mengen Frischfutter zur Verfügung und einen Napf, aus dem sie bequem viel Wasser trinken kann. Auch Stilltee oder Fenchel-Kümmel-Anis Tee hilft. Geben Sie gezielt Futter, dass die Milchbildung anregt: Viel Frischfutter, Löwenzahn, Brennnessel, Möhrengrün, Basilikum, Melisse und Fenchel.
Die Mutter stillt in der Regel frühestens 24 Std. nach der Geburt, das ist völlig normal! Sollte sie nach einem Tag immer noch keinen Milchfluss haben, sollte man die Babys mit Ersatzmilch zufüttern, aber bei der Mutter belassen. Eine häufige Ursache für dieses Problem ist, dass die Mutter gestresst ist und nicht in Ruhe gelassen wird (ständige Nestkontrollen, Umzug, wenig Platz etc.) und dadurch die Milch zurück hält. 
Mehr Infos zur Milchbildung

Das Anlegen der Jungtiere bei der Häsin ist eine recht zuverlässige Aufzuchtsform, wenn sie die Jungtiere nicht säugt.

Alternativen zur Handaufzucht

Eine Handaufzucht ist gerade für jüngere Babys oft ein Todesurteil, nicht alle Kaninchenjungen überleben ohne echte Muttermilch. Deshalb sollte man nach Möglichkeit immer zu erst nach Alternativen suchen.

  1. Die beste Möglichkeit zur Aufzucht ist es, eine Kaninchen-Amme zu finden, die etwa gleichaltrige Babys säugt. Dieser können die Babys oft untergeschoben werden, so dass sie optimal mit Muttermilch versorgt werden. Sollte die Amme sie nicht akzeptieren oder aber keine Amme gefunden werden, so müssen sie jedoch meistens von Hand großgezogen werden. Ebenfalls ist es möglich sie einer Amme anzulegen, allerdings nur, wenn diese genug Milch für alle Babys hat und durch das Anlegen nicht zu sehr gestresst wird.
  2. Säugt die Mutter aus irgendwelchen Gründen nicht ihre Babys, gibt aber Milch, so kann man die Babys in einer kleineren Kiste einquartieren und versuchen, die Mutter zweimal täglich dazu zu setzen. So klappt es in manchen Fällen besser. Die Babys sollten trotzdem weiterhin bei der Mutter bleiben und nur zweimal täglich unter Beobachtung in die Kiste umgesetzt werden. Durch Wiegen vor und nach den Mahlzeiten kann man feststellen, ob die Häsin die Babys zwischenzeitlich gesäugt hat. Dann ist so eine Maßnahme natürlich überflüssig. Die Mutter darf nicht festgehalten werden, da sie sonst beim Befreiungsversuch oft mit den Füßen die Babys verletzt. Sollte man es mit Festhalten versuchen wollen, so am besten mit mehreren Personen indem man die Häsin wie auf dem Foto mit verdeckten Augen auf das Nest setzt. Sobald die Häsin zappelt, muss dieser Versuch abgebrochen werden.
  3. Ebenfalls eine Möglichkeit ist es, die Babys bei der Mutter einmal täglich für 10 Minuten anzulegen, also die Mutter auf den Arm zu nehmen, an den Körper zu drücken und eine zweite Person hält die Babys unter den Bauch der Mutter und zieht diese ganz schnell weg, falls die Mutter strampelt. Es hilft, die Mutter mit Futter abzulenken, dann klappt es oft sogar ganz entspannt ohne Festhalten. Eine zweite, weniger schonende Möglichkeit ist es, die Mutter auf den Rücken zu drehen und die Babys auf ihren Bauch zu setzen, so dass sie in Ruhe trinken können, Dabei müssen unbedingt die Vorder- und Hinterbeine fixiert werden, denn ein Ausschlagen verletzt die Babys oft lebensgefährlich. Das sieht sehr brutal aus und ist für das Mutter-Kaninchen auch nicht schön. Es ist einer der wenigen Momente, in dem man ein Kaninchen so halten darf. Aber in solchen Fällen geht es um das Überleben der Babys und das wäre mit Ersatzmilch gefährdeter. Manche Mütter halten durch den Stress des Festhaltens jedoch den Milchfluss zurück. Die Babys bleiben natürlich trotzdem im Gehege der Mutter. Durch eine Gewichtkontrolle kann festgestellt werden, ob die Mutter sie vielleicht doch plötzlich wieder säugt (dann wäre das Gewicht leicht erhöht, z.B. um  ein Gramm). Die Muttermilch ist so nahrhaft (anders als Ersatzmilch), dass es ausreicht, die Babys einmal täglich anzulegen.

Ursachen dafür, dass eine Kaninchenmutter zur Rabenmutter wird

Diese Ursachen sollten behoben werden, so dass die Mutter die Babys doch wieder ausreichend versorgt.

  1. Stress: Kaninchenmütter brauchen sehr viel Ruhe, ihre gewohnte Umgebung und keine Störungen (z.B. häufige Nestkontrollen). Dieser Punkt ist die Hauptursache für Probleme bei der Aufzucht. Viele gestresste Kaninchen verstreuen ihre Babys im Gehege, versorgen sie unzureichend oder geben keine Milch.
  2. Zu häufige Kontrollen der Babys: Ständiges Wiegen, Herumwühlen, Anlegen und „nachschauen“ stresst die Mutter. Einmal täglich ein kurzer unauffälliger Blick auf die prallen Bäuche reicht völlig aus. Gewogen wird nur, wenn ein Baby auffällig oder die Versorgung fragwürdig ist. Oft wird die Mutter dadurch nervös und verstreut die Babys im Gehege oder versorgt sie unzureichend.
  3. Enge Haltung: Es gibt Studien dazu, dass Kaninchenmamas, die in kleinen Käfigen oder Ställen gehalten werden, ihrem natürlichen Instinkt, sich vom Nest fern zu halten (um keine Raubtiere auf die Babys aufmerksam zu machen) nicht ausleben können. Dadurch stehen sie unter chronischen Dauerstress. Kaninchenmütter brauchen unbedingt ein großes Gehege.
  4. Andere Kaninchen: Zwar ist es möglich, Babys in einer Gruppe aufzuziehen (das ist sehr schön für die Babys und die Mutter), allerdings nur, wenn die Gruppe harmonisch ist und die Tiere viel Platz haben. Wenn die Mutter mit dem Rammler in einem kleinen Holzstall lebt und dort auch noch ein Nest anlegen und pflegen soll, geht das fast nie gut.
  5. Schlechte Ernährung: Kaninchen brauchen sehr viel abwechslungsreiches Frischfutter – so viel wie sie wollen. Zudem brauchen sie viel Energie (Saaten, ca. 1 EL/Tag) und ständig verfügbares Wasser aus einem Trinknapf.
  6. Keine Pflege des Nestes: Sind tote verwesende Jungtiere im Nest oder stinkt es dort bereits nach altem Blut von der Geburt, ist es kein Wunder, dass die Mutter das Nest nicht mehr aufsucht!
  7. Kein Nistplatz: Schaffen Sie eine schöne Höhle in der die Babys sicher aufwachsen können. Diese wird von den Häsinnen meist sehr gerne zur Aufzucht angenommen.

Selbst aufziehen?

Es ist nicht zu empfehlen, als Laie Jungtiere von Hand aufzuziehen. Die Tiere sollten besser an erfahrene Personen gegeben werden (z.B. Wildtierhilfen).

Milchersatz selbst herstellen

Es gibt einige Möglichkeiten, eine Ersatzmilch zusammen zu mischen. Die Empfehlungen sind sehr unterschiedlich, jeder entwickelt seine eigene Zusammensetzung.

Achtung: Kaninchen haben eine extrem nährstoffreiche Milch, deshalb ist kaum ein Milchersatz geeignet!

Milch nach Tierart
Kaninchen
Schaf
Ziege
Rind
Proteingehalt in %
12,0
5,0
3,3
3,5
Fettgehalt in %
16,0
7,0
3,8
4,0

Eines ist jedoch unbestritten:
Völlig ungeeignet ist Kuhmilch, oder Kondensmilch zur Aufzucht von Kaninchenbabys!
Diese versorgt das Junge mangelhaft mit Nährstoffen und ist völlig artfremd zusammen gesetzt, besonders kritisch sind enthaltene Stabilisatoren und andere Zusätze.

Nährwerte
Rohprotein (%)
Fett (%)
stickstofffreie Extraktstoffe (%)
Calcium (%)
Phosphor (%)
umsetzbare Energie (kj)
Kaninchenmilch:
12,7
14,8
1,1
6,1
3,8
862
Kondensmilch:
8,8
10,8
12,5
0,32
0,25
7,5

Wir empfehlen folgende Zusammensetzung zur Aufzucht von Kaninchenbabys

  • Ziegen- oder Lämmermilch (z.B. Bambinchen, Marengo) oder Ziegen-/Lämmeraufzuchtpulver (z.B. Farmfood Nr. 1), frische Ziegenmilch, im Notfall auch Aufzuchtspulver für Kaninchen (enthält leider nur ca. 9% Fett und 9% Eiweiß), oder Katzenaufzuchtspulver, z.B. von Cimi Lac, Gimpet, KMR oder Gimborn (Bezugsquelle: Tierarzt, Apotheke, Internet). Besser geeignet ist Ziegen- und Schafkolostrum, es hat einen höheren Fettgehalt und braucht keinen Fettzusatz.
  • Hipp Bio Erster Wohlfühltee“ (Pulver), Rodicare akut (Bezugsquelle: Internet, Tierarzt) oder medizinischer Fenchel-Kümmel-Anis-Tee (für die Verdauung)
  • Pflanzenöl (z.B. Leinöl, Rapsöl…), damit der hohe Fettgehalt von 16% erreicht wird (je nach Aufzuchtsmilch – bitte Nährwerte anschauen)
  • Lactase um Lactose aufzuspalten, denn die natürliche Muttermilch ist nahezu lactosefrei, d.h. die Kaninchen sind lactoseintolerant.
  • Blinddarmkot oder Hartkot von erwachsenen, gesunden Kaninchen (Kotprobe machen) um Darmbakterien zuzuführen die für die Verdauung wichtig sind.
  • Ggf. medizinischer Zusatz bei Aufgasungen (nicht vorbeugend!): Imogas, Sab Simplex

Zubereitung
Das Ziegenaufzuchts-Pulver oder die Katzenaufzuchtsmilch (Pulver, dieses darf nicht mit Katzenmilch verwechselt werden, Katzenmilch ist bereits angerührt) wird mit 1-2 Tropfen RodiCare akut (oder Ersatzweise Milupa Bauchwohltee-Pulver) mit warmen (nicht heißen!) Wasser oder Tee gemischt. Dabei wird nicht die Dosierung auf der Verpackung verwendet, sondern dickflüssiger angemischt, damit die Milch mindestens 12% Proteine und 14% Fett enthält. Je nach Präparat ist ein andere Mischverhältnis nötig. Bei eher fettarmer Aufzuchtsmilch können wenige Tropfen Pflanzenöl hinzugegeben werden.
Die richtige Temperatur hat das Wasser, wenn es an eigenen empfindlichen Hautpartien (Hals, Handgelenk) angenehm warm aber nicht heiß erscheint. Dafür wird die Milch oder ein Tropfen z.B. auf das Handgelenk getropft. Zum wieder erwärmen eignet sich das Erhitzen im Wasserbad. Es hat sich bewährt, die Milchschüssel in einer größeren Schüssel mit heißem Wasser aufzustellen, so bleibt die Milch warm. Kaninchen brauchen kein Colostrum, da sie eine der wenigen Tierarten sind, die ihre Immunglobuline schon vor der Geburt, und nicht über die Muttermilch erhalten.
Bei Babys, die zu Blähungen/Aufgasungen/Trommelsucht neigen, kann die Menge RodiCare akut erhöht werden und im Akutfall etwas Imogas oder Sab Simplex hinzugegeben werden (die Kapseln werden geöffnet). Nur hoch dosiert ist Simeticon wirksam. Achten Sie auf hygienische Umgebungsbedingungen beim Zubereiten der Milch und auch bei der Fütterung.

Rezept nach Meyer 2014:

700g Kuhmilch (falls möglich Kolostrum)
50 g Eigelb
150g Sahne (30% Fett)
50 g Sonnenblumenöl
20 g vitaminisiertes Mineralfutter (Ca:P: ca. 2:1)
3 x täglich füttern, je Mahlzeit eine Menge von 5–7% der KM

Die Fütterung der Babys

Wie oft? Wie oft die Babys gefüttert werden müssen, ist von ihrem Entwicklungszustand und Gesundheitszustand abhängig. Kaninchen säugen ihre Kaninchen meistens nur einmal täglich (55,9%), teils auch zweimal täglich (34,6%), selten häufiger. Da die Ersatznahrung jedoch deutlich nährstoffärmer und schwieriger ist (Nährwerte des Produktes nachlesen und mit der Kaninchenmilch vergleichen!), müssen die Kaninchen mindestens alle vier bis sieben Stunden, kleinere oder geschwächte Jungtiere teilweise auch alle zwei Stunden gefüttert werden. Wenn die Kaninchen bereits anfangen, an der festen Nahrung zu knabbern, können sie nachts auch bis zu acht Stunden ohne Zufütterung verweilen.

Fütterungsgeräte: Am besten ist für die Fütterung eine kleine Aufzuchtsflasche oder  1 ml Einwegspritze (ohne Nadel!) aus der Apotheke geeignet. In diese wird der Milchersatz aufgezogen. Sind die Babys bereits älter, so können Behälter mit größerem Fassungsvermögen verwendet werden.

Wie wird das Jungtier gehalten? Kaninchen legen sich auf den Rücken um zu trinken. Es passiert jedoch schnell, dass Milch in die Nase und somit in die Lunge gelangt, dies führt wiederum zu Lungenentzündungen, die fast immer tödlich enden. Deshalb sollte penibel darauf geachtet werden, dass die Milch nicht zu schnell abgegeben wird und nicht an die Nase gelangt!

Wie viel füttern? Wie viel die Kaninchen pro Mahlzeit zu sich nehmen sollten, ist umstritten und vom Milchaustuascher abhängig. Achten Sie auf den Gesundheitszustand, die körperliche Entwicklung und den Hunger der Tiere. Mindestens 1 ml je Fütterung sollte auch schon bei kleinen Kaninchen eingegeben werden, bei größeren Kaninchen entsprechend mehr. Die Babys sollten sich satt trinken können.

Eingabe der Nahrung: Die Spritze wird ans Mäulchen der Jungen gehalten. Sollten sie nicht freiwillig die Ersatzmilch schlabbern (das kommt am Anfang vor, wenn sie es noch nicht kennen), kann man die Spritze seitlich am Mund leicht in den Mund einführen und einen Tropfen abgeben. Niemals darf die Milch in die Nase gelangen, denn das führt oft in Folge einer Lungenentzündung zum Tode. Die Jungtiere lernen in der Regel recht schnell, dass sie aus der Spritze Nahrung erhalten. Im Bedarfsfall sollten Sie die Spritze erst ohne das Tier testen, damit bei der Fütterung wirklich nur Tröpfen raus kommen. Nach der Fütterung sollte die Maulregion mit einem leicht feuchten Tuch von Milchrückständen befreit werden.

Massage nach der Fütterung: Für eine geregelte Verdauung leckt das Muttertier den Bauch der Babys. Damit wird die Abgabe des Kotes angeregt und die Verdauung aktiviert. Am besten ahmt man dies nach, indem man einige Minuten lang mit einem Finger sanft den Bauch massiert (in Richtung After), die Babys geben daraufhin im Idealfall Kot ab. Die Massage darf niemals vergessen werden, denn dann kann es u.a. zu einer lebensgefährdenden Aufgasung kommen.

Die Unterbringung der Kaninchen

Verwaiste oder verstoßene Kaninchenbabys werden am besten in einer Plastikschale oder Transportbox untergebracht (wenn andere Tiere im Haushalt sind, bietet nur eine Transportbox mit Deckel oder ein sicherer Käfig genug Schutz). Die Wanne wird mit Tüchern, Heu und Einstreu ausgepolstert. Eine Wärmflasche, die unter das Nest geschoben und mit einem Handtuch umwickelt wird, hält das Nest warm und muss zwei- bis dreimal täglich gewechselt werden. Das Nest wird am besten mit einer dünnen Lage Heu abgedeckt, damit sich die Wärme im Nest besser hält. Die Wanne wird dunkel aufgestellt (mit einem Tuch luftig abdecken oder an eine dunkle Stelle aufstellen), nur so fühlen sich die Babys geborgen. Wenn die Kaninchen anfangen, herum zu krabbeln, benötigen sie mehr Platz und sollten in ein kleines Gehege mit Nestbereich umziehen.

Wie lange sollte man Milch geben?

Ersatzmilch ist sehr schädlich für die Verdauung und das Immunsystem. Versuchen Sie alles, damit die Babys Muttermilch erhalten können. Sollte eine Handaufzucht mit Ersatzmilch nötig sein, ist diese so schnell wie möglich durch gesundes, verdauungsschonendes Futter zu ersetzen. Das heißt, sobald die Babys selbst feste Nahrung aufnehmen, wir die Milchmenge stark reduziert und zügig abgestillt. Je nach körperlicher Entwicklung ist das mit drei bis vier Wochen der Fall.
Gut verträgliche Nahrung ist Frischfutter aus der Natur, Laub, Zweige und Rinden, Bittersalate usw. Keinesfalls handelsübliches Trockenfutter, hartes Brot, Leckerlis und Knabberstangen oder eine reine Gemüseernährung.

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Erfahrungsbericht und Entiwcklungsbericht einer begleiteten Problemaufzucht

Vorgeschichte: Wir nahmen spontan eine Häsin und zwei Jungtiere aus einer Notsituation auf. Die Häsin hatte mit einem Rammler und den Babys in einem handelsüblichen Stall gesessen, eines der Babys kam dadurch zu Tode (laut den Haltern wurde es totgetrampelt) und zwei überlebten. Die Mutter wurde in eine kleine Transportbox gesetzt und dort gehalten, die Babys von Hand mit Katzenaufzuchtsmilch gefüttert. Die Familie war überfordert, da sie selbst einen jungen Säugling zu versorgen hatte.

Ankunft (vermutlich drei Tage alt)

mutter babys kaninchen
kaninchenbabys 3 tage alt

Die Babys kamen in der Nacht an und wurden gewogen und anschließend in ein selbstgebautes Nest in das neue Gehege der Häsin gesetzt. Die Mutter hatte eine sehr lange stressige Fahrt und den stressigen Aufenthalt in der kleinen Box bei den Haltern hinter sich und war somit sehr gestresst. Ein Anlegen der Babys kam dadurch nicht in Frage. Mit Ersatzmilch hätten die Babys kaum eine Überlebenschance in diesem Alter.

Das Gehege:
Unter dem Papphaus befindet sich eine Wanne mit dem Kunstnest und den Jungtieren.

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Die Ernährung:
Da die Mutter recht ungesund mit Trockenfutter ernährt worden war, aber hochwertiges Futter für die Aufzucht benötigt, stellten wir sie mit vielen kleinen Mahlzeiten von gut verträglichen Frischfutter um (Karotten, Gras, Rote Beete, Löwenzahn…). Das klappte komplikationslos. Nach der ersten Woche fütterten wir auch Kohl an. Die Mutter trank die ersten Tage auffällig viel, dies ging mit der Zeit stark zurück.

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ca. vier Tage alt

Am nächsten Tag hatten sie über Nacht nicht zugenommen. Da die Katzenaufzuchtsmilch nicht sehr nährstoffreich ist, konnten wir nicht länger abwarten und haben sie morgens der Mutter angelegt. Anschließend legten wir sie wieder in das Kunstnest zurück.

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4 tage alt
anlegen der häsin

ca. 5. Tag

Die Babys wurden erstmals gesäugt, dies konnten wir durch die Gewichtszunahme feststellen. Sie wirkten zugleich viel ruhiger und suchten weniger… Das Nest wurde jedoch von der Häsin noch nicht ausgepolstert, wir legten immer noch Wärmflaschen drunter. Zudem waren die Babys oft weit verstreut außerhalb des Nestes. Damit sie nicht auskühlten, kontrollierten wir regelmäßig unauffällig das Nest und legten sie zurück.

5 tage alt kaninchenbaby

 ca. 6. Tag

Bereits am Morgen begrüßte uns die Häsin mit Nistmaterial im Mund, das sie zum Nest brachte. Als wir das Nest kontrollierten, lagen die Babys unter einer dicken Schicht Heu versteckt, die ihre Mutter zusammen getragen hatte. Als wir diese beiseite schoben, kam ein mit Fell gut ausgepolstertes Nest zum Vorschein. Die Babys wurden zudem auch gesäugt und bestens betreut.

nestbau kaninchenmutter
6. tag
6 tage alt

ca. Tag 7

Die Babys werden normal gesäugt und liegen bei den Kontrollen immer im Nest.

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ca. 8. Lebenstag

Beim Wiegen merken wir, dass die Babys in den letzten 24 Std. nicht gesäuft wurden. Eigentlich hätten wir noch ein paar Std. abwarten können, da die Babys jedoch schon anfangs mit Ersatzmilch egfüttert wurden und somit nicht optimal versorgt waren, möchten wir kein Risiko eingehen und legen sie der Mutter an. Vorher versuchen wir es indem wir die Mutter zu den Babys setzen oder sie über den Nest ruhig halten, aber das klappt leider nicht.

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ca. 9 Tage alt 

Die Babys wurden über Nacht, also nach dem Anlegen noch einmal gesäugt (anhand des Gewichts erkennbar), es wäre also eigentlich nicht nötig gewesen. Wir sind froh, dass die Mutter sich doch kümmert.

9 tage alt
9 tag

ca. 10 Tage alt

Die Babys waren bei der heutigen Nestkontrolle ungewöhnlich aktiv und kamen danach kaum zur Ruhe. Aber sie wurden gesäugt.

tag 10
10. tag
baby aktiv
kaninchenbaby
10 tage alt

11 Tage alt

Die Babys wirken zufrieden und satt und sind richtig groß geworden.

ohren 11 tage
11. tag
kaninchernkind 11 tage alt
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11 tage alt
11 tage kaninchenbaby

Gewichtsentwicklung bzw. Gewichtstabelle der Kaninchenbabys

TagZeitBaby 1: GeschecktBaby 2: Hell
3 Tage altnachts5458
4 Tage altmorgens
nach dem Anlegen
nachmittags
abends
54
56
55
56
57
60
62
63
5 Tage altmorgens
abends
64
63
70
69
6 Tage altmorgens
abends
70
73
76
77
7 Tage altmorgens
abends
74
81
76
90
8 Tage altabends
nach dem Anlegen
77
83
87
91
9 Tage altmorgens
abends
99
97
100
99
10 Tage altabends108115
11 Tage altabends124126

Quellen u.a.:

Prof. Dr. Josef Kamphues(Hg.), Josef Kamphues(Hg.), Petra Wolf(Hg.), Manfred Coenen(Hg.), Klaus Eder(Hg.), Christine Iben(Hg.), Ellen Kienzle(Hg.), Annette Liesegang(Hg.), Klaus Männer(Hg.), Qendrim Zebeli(Hg.), Jürgen Zentek(Hg.), Supplemente zur Tierernährung für Studium und Praxis (2014), Schlütersche