(Hasenpest, Nagerpest)

Grünfutter aus der Natur ist ein möglicher Überträger der Tularämie.

Die Tularämie ist oft tödlich verlaufende Infektionskrankheit, die seuchenartig in Deutschland auftritt. Sie wird durch das Bakterium Francisella tularensis ausgelöst. Feldhasen und Wildkaninchen, aber auch andere wilde Nagetiere sind häufige Überträger. Es handelt sich um eine Zoonose (auf den Menschen übertragbare Erkrankung).

Wie erkennt man, dass ein Tier an der Tularämie erkrankt/verstorben ist?

Symptome

Die Tumlarämie ist durch ihr seuchenhaftes Auftreten mit hoher Sterblichkeit bekannt. Neben RHD und RHD2 zählt sie zu den Kaninchenseuchen, die ohne auffällige Symptome einhergeht.

Tiere mit milder Verlaufsformen sind häufig durch das Anschwellen der Lymphknoten, Leber und Milz auffällig. Dies wird von den meisten Haltern jedoch nicht wahrgenommen. Auffälliger ist das zurückgezogene Verhalten und starke Gewichtsabnahmen, bei schwereren Verläufen häufig auch Abmagerung, struppiges Fell und teils sogar ein schwankender Gang oder Abszesse der Haut.
Insbesondere bei schwereren Verläufen sind die Tiere schlapp und ihr Allgemeinbefinden getrübt. Teils kann auch Durchfall oder Atemnot auftreten. Häufig ist Fieber messbar (Normaltemperatur beim Kaninchen: 38,5 – 39 °C, bei starker Aufregung teils auch bis zu 40 Grad. Bei Wildkaninchen und Feldhasen ist häufig auffällig, dass sie beim Annähern nicht mehr die Flucht ergreifen und so auffällig zahm wirken. Im Endstadium kommt es i.d.R. nach zwei bis dreizehn Tagen zu einer Sepsis und bei ca. einem Drittel der unbehandelten Tiere zum Tod.

Diagnose und Nachweis im Labor

Entscheidend ist der Verdacht durch Kontakt zu Wildtieren oder bekannten Fällen in der Umgebung.

Eine Ultraschalluntersuchung kann helfen, um eine Tularämie festzustellen.

Im Blut sind teils leicht erhöhte Leberwerte, manchmal auch Pseudolinksverschiebungen und Leukozytosen möglich.

Eine sichere Diagnose ist nur durch den Nachweis des Erregers gegeben:

Der Erreger kann aus betroffenen Geweben vom Tier und vom Menschen angezüchtet und durch moderne Nachweisverfahren (z. B. PCR) festgestellt werden:

  • PCR (aus EDTA-Blut, Abstrich, Lymphknoten)
  • kulturelle Anzucht aus Blut, Gewebeproben (Leber, Milz) oder Abstrichen (nicht immer erfolgreich)

Achtung: Jede Erkrankung und auch der Nachweis des Erregers der Tularämie sind bei Feldhasen und Kaninchen meldepflichtig

Neufassung der Verordnung über meldepflichtige Tierkrankheiten vom 20. Dezember 2005

Kann man die Tularämie beim Kaninchen behandeln?

Da es sich um eine Zoonose (Übertragung auf den Menschen) handelt, sollte immer an das Übertragungsrisiko gedacht werden, insbesondere wenn Kleinkinder oder immungeschwächte Personen im Haushalt leben. Zudem wird die Erkrankung von den meisten Haltern erst erkannt, wenn es für eine Behandlung zu spät ist. Dann ist das Einschläfern des Tieres anzuraten.

Bei milden Verlaufsformen oder einer frühen Feststellung der Erkrankung (z.B. Partnertiere verstorbener Tiere), kann in Absprache mit dem Tierarzt eine Behandlung mit Antibiotika und Infusionen versucht werden. Dabei steht absolute Hygiene und der Schutz des Menschen immer im Vordergrund!

Die Wahl des Antibiotikums ist entscheidend. Als am wirksamsten hat sich Streptomycin gezeigt, es muss jedoch in den Muskel gespritzt werden. Doxycyclin und die Fluorchinolone (Enrofloxacin etc.) haben den Vorteil, dass sie in den Mund eingegeben werden dürfen. Die Erreger sind aber auch empfindlich gegenüber anderen Tetracyclinen. Chloramphenicol sowie Ciprofloxacin sind ebenfalls geeignet und können in den Mund eingegeben werden. Der Erreger ist resistent gegenüber Penicillin und Sulfonamiden.

Tiere, bei denen ein Kontakt zur Tularämie vermutet wird, sollten vorbeugend zwei Wochen mit einem Antibiotikum versorgt werden.

Wie schütze ich mich und meine Kaninchen vor der Tularämie?

Fliegengitter kann über den Volierendraht angebracht werden und schützt so vor Tularämie, Myxomatose, Fliegenmaden-Befall und weiteren Erkrankungen.

Übertragungswege:

Übertragungen von Mensch zu Mensch sind nicht bekannt. Die Inkubationszeit (Zeitraum von der Ansteckung bis zum Ausbruch) beträgt zwei bis fünf (-14) Tage.  Folgende Übertragungswege sind denkbar:

  • Übertragung durch blutsaugende Tiere (Parasiten wie z.B. Zecken, Flöhe, Läuse, Wanzen, aber auch Mücken und Fliegen!).
  • direkter und indirekter Kontakt mit infektiösen Feldhasen, Wild- sowie Hauskaninchen und Nagern (vor allem spezielle Berufsgruppen wie z.B. Jäger und Tierärzte, z.B. beim Jagen, Schlachten….). Erkrankte Wildtiere sind oft „zahm“.
  • kontaminierte Umgebung: über Schlamm oder durch Kadaver verunreinigtes Wasser, Grünfutter, Material aus der Natur (z.B. Baumstümpfe…)…
  • durch das Einatmen erregerhaltigen Staubes (verunreinigtes Heu, Stroh, Erde, Staub…).
  • durch Verzehr von nicht abgekochten, erregerhaltigen Fleisch (häufig Jäger).
  • Laborinfektionen durch Kontakt mit erregerhaltigen Material.

Vorsichtsmaßnahmen in Gebieten mit Tularämie

  • Leider gibt es in Deutschland bisher keine Impfung gegen den Erreger. Im Ausland sind Impfstoffe für den Menschen verfügbar.
  • Heu und Stroh aus Tularämie-Gebieten sollte nicht verfüttert werden.
  • Ein Fliegengitter vor den Fenstern (Innenhaltung) oder über dem Volierendraht des Geheges (Außenhaltung) verhindert, das Fliegen und Mücken in die Nähe der Kaninchen kommen können. Fliegengitter gibt es auch als Meterware zum über den Volierendraht tackern.
  • Evtl. Spot-on als Insektenschutz (insbesondere Zecken) anwenden.
  • Sollte in ihrem Landkreis Tularämie bekannt sein, so ist bei Außenhaltung darauf zu achten, dass keine Feldhasen und Wildkaninchen Kontakt zu den eigenen Kaninchen, aber auch zu den von diesen genutzten Flächen haben. Dafür ist ein zweiter Zaun um das Außengehege herum (Doppelzaun) geeignet.
  • Achten Sie bei Spaziergängen in Risikogebieten auf tote Feldhasen, Kaninchen und Nager. Bei Kontakt mit diesen, sollte nach Absprache mit dem Arzt vorbeugend Antibiotikum eingenommen werden. Auch Hunde können Überträger sein! Deshalb sollten sie in betroffenen Gebieten angeleint werden.
  • Der Erreger hält sich bei 0 – 10 °C über Wochen Wochen, bei Minusgraden sogar Monate in der Umgebung.
  • Halten Sie sich auf dem Laufenden, wo die Tularämie gerade aktiv ist. Die örtliche Presse berichtet normalerweise über aktuelle Fälle. Unsere Karte gibt einen Überblick:
    Tularämie-Fälle Karte

Wiese pflücken mit Tularämie?

Auch wenn Wiesenpflanzen kein Hauptüberträger der Tularämie sind, kann sie kontaminiert sein. Deshalb wird empfohlen, in Gebieten, die von der Tularämie betroffen sind, kein Grünfutter aus Wald und Feld zu verfüttern. Auch regionales Freiland-Gemüse sollte nach Möglichkeit gemieden werden.

Wie weit weg vom Ausbruch muss ich sein um zu pflücken?

Tularämie tritt stark regional auf, es handelt sich um Einzelfälle. Besondere Vorsicht ist im gleichen Landkreis oder angrenzenden Flächen geboten (ca. 10 km Umkreis). Manchmal ist nicht der genaue Ort sondern nur der Landkreis bekannt, dann macht es Sinn, Medienberichte zu studieren, oft sind hier weitere Einzelheiten zu finden, oder sich z.B. im Gesundheitsamt zu erkundigen.

Wie kann man in Tularämie-Gebieten trotzdem pflücken?
Zweige hängen so hoch, dass sie nicht mit dem Erreger in Kontakt kommen. Sie können in Tularämie-Gebieten gefüttert werden.

Geeignet ist Grünfutter aus dem Garten oder aus nachweislich Wildkaninchen- und Feldhasen-freien Gebieten (z.B. private Grünflächen, Baulücken…) und Blätter von Bäumen, denn diese haben keinen Kontakt zu erkrankten Tieren.

Bei uns war 2019 ein Ausbruch im Landkreis mit einigen Fällen. Wir haben unsere Kaninchen in dieser Phase mit Wiese ernährt, allerdings darauf geachtet, dass es von ortsnahen Wiesen, Baulücken oder privaten Grundstücken stammt bzw. sehr stark auch Feldhasen und Wildkaninchen geachtet. Abgelegene Wiesen und Waldränder haben wir gemieden.

Wie lange nach einem bekannten Fall sollte ich vorsichtig sein?

Tularämie tritt meistens nur kurze Zeit auf, es kann wieder ganz normal gepflückt werden, wenn der Ausbruch weiter zurück liegt. Als Richtwert kann (je nach Abstand zum Ausbruch) von ca. zwei bis vier Monaten ausgegangen werden.

Seuchenkarte: Sind bei mir Fälle bekannt?

Quellen u.a.:

Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit: Tularämie (auch Hasenpest oder Nagerpest), [Stand: 25.10.2019, https://www.lgl.bayern.de/tiergesundheit/tierkrankheiten/bakterielle_pilzinfektionen/tularaemie/index.htm#khtie]
Esther van Praag, Ph.D.: Tularemia in rabbits. [Stand: 27.10.2019, http://www.medirabbit.com/EN/Skin_diseases/Bacterial/Tularemia.htm
Friedrich-Löffler-Institut: Nationales Referenzlabor für Tularämie, [Stand: 25.10.2019 ]
Liebscher, J., & Hein, J. (2021): Alles neu?!–Typische und untypische Infektionserreger beim Kaninchen. kleintier konkret24(S 01), 10-17.
Robert-Koch-Instituit (2021): Tularämie (Hasenpest, Francisella tularensis). https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/T/Tularaemie/Tularaemie_node.html [zuletzt abgerufen am 16.05.2021]
Robert-Koch-Instituit (2021): SurvStat@RKI. Abfrage der Meldedaten nach Infektionsschutzgesetz (IfSG) über das Web
https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/SurvStat/survstat_node.html;jsessionid=4667EF22A3392A53FF11293851C14700.internet071 [zuletzt abgerufen am 13.05.2021]