kaninchen gruppenhaltung

Häufige Gründe für die Gruppenerweiterung ist die Liebe zu den Kaninchen, Nachwuchs oder Nottiere, die behalten werden.

Viele Kaninchenhalter kommen irgendwann an den Punkt, an dem sie ihre Gruppe vergrößern möchten um mehr Tiere halten zu können. Meist werden dann einfach ein paar Tiere dazu vergesellschaftet und ein größeres Gehege angeboten. Allerdings ist die Haltung einer Großgruppe eine besondere Herausforderung, die nur für erfahrene Halter empfehlenswert ist und auch einige Besonderheiten mit sich bringt.

Wir haben die Erfahrung gemacht, dass aus der anfänglichen Euphorie oftmals schnell eine Überforderung mit der Situation hervorgeht. Das ist eigentlich sehr schade, denn kaum etwas ist so schön, wie eine Horde glückliche Kaninchen zu halten. Da es bisher sehr wenige spezielle Informationen für Großgruppenhalter gibt, möchten wir in diesem Beitrag Tipps und Tricks geben, wie eine größere Gruppe gehalten werden kann.

Die Vergesellschaftung – nicht jedes Kaninchen ist geeignet

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Die Vergesellschaftung ist deutlich anspruchsvoller als eine Pärchen-Zusammenführung.

Die Vergesellschaftung ist nicht anders, als bei kleineren Gruppen, da aber oftmals kein neutraler Raum vorhanden ist, kann z.B. auch im Gartenfreilauf mit getrennten Nachtgehegen vergesellschaftet werden. Allerdings sollte dies nur von sehr erfahrenen Haltern so durchgeführt werden!
Wichtig zu wissen ist, dass Pärchenvergesellschaftungen im Vergleich zu Großvergesellschaftungen meistens harmlos sind. Pärchen bilden eine „Zweckgemeinschaft“, da sie nicht die Wahl zwischen Artgenossen haben. Ab einer Gruppengröße von vier Kaninchen fangen Kaninchen an, sich ihre bevorzugten Partner herauszusuchen, dadurch sind große Gruppen lebendiger, es wird auch mal gejagt und es bilden sich spezielle Freundschaften. Es gibt Tiere, die grundsätzlich mit einer Großgruppe überfordert sind oder nicht in die Gruppe passen. Diese sollten als Pärchen mit einem gegengeschlechtlichen Kaninchen gehalten werden.

Das Gehege – Harmonie durch Struktur

kaninchen etagen etagengehege etagen etagen kaninchengehegeDas Gehege für die Großgruppe ist entscheidend, damit sie Gruppe harmonisch ist. Ein einfaches Gehege ist dabei nicht ausreichend, die Größe und spezielle Einrichtung und Strukturierung ist entscheidend, damit sich auch rangniedere Tiere wohl fühlen. Folgende Grundregeln sollten nach Möglichkeit umgesetzt werden:

  • Mehrere Etagen sind Pflicht: Jede Etage braucht einen Auf- und Abgang, damit die Tiere keine Sackgassen vorfinden.
  • Das Gehege sollte räumlich unterteilt sein, z.B. indem Wände eingezogen werden oder eine Voliere mit einem Gartenhaus verbunden wird.
  • Häuschen & Unterschlüpfe (offene Ställe, Hundehütten…) mit je mindestens zwei Eingängen.
  • Eine geeignete Mindestgröße.
  • Mehrere Heuraufen und Frischfutter-Plätze.
  • Mehrere Toilettenschalen.

Das Gehege, seine Größe und seine Struktur können darüber entscheiden, ob eine Großgruppe langfristig harmonisch ist.

Besonders für Großgruppen empfiehlt es sich, genug große Etagen einzubauen, sowie zahlreiche Rückzugsecken und Unterteilungen anzubieten. Nur so hat sich gezeigt, dass auch rangniedere Tiere eine Chance haben und sich langfristig wohl fühlen.

Mobbing und Rangordnungskämpfe

Dieses Thema ist der Grund, warum einige Halter sich wieder verzweifelt von der Gruppenhaltung abwenden oder sogar Kaninchen alleine halten. Das darf und soll nicht sein!

Die Ursachen für Rangordnungskämpfe sind sehr vielfältig, häufig sind es jedoch folgende:

  • „Frühlingsgefühle“: im Frühjahr gibt es in recht vielen Gruppen wieder eine neue Rangordnungsklärung, da die Hormone nun sagen, dass es jetzt um die Fortpflanzung geht. Nun möchte jeder eine möglichst hohe Rangposition, denn dann überleben bei ihm später mehr Babys.
  • Ein Kaninchen hält die Regeln der Rangordnung nicht ein und klaut beispielsweise einem ranghöheren Kaninchen das Fressen oder ist aufdringlich. Nun wird es zurecht gewiesen/erzogen.
  • Ist ein Kaninchen schwächer als früher, z.B. durch Krankheit oder Alter, so versuchen rangniedere Kaninchen seinen Rang einzunehmen, dabei kommt es oft zu stärkeren Kämpfen.
  • Verstirbt ein Kaninchen oder wird aus der Gruppe genommen, kann es dazu kommen, dass einzelne oder alle Kaninchen ihren Rang neu anfechten.
  • Hat ein Kaninchen Schmerzen, so reagiert es oft aggressiv. Oft sind die Krankheiten versteckt, die zu Schmerzen führen (z.B. Gebärmuttererkrankungen).
  • Wird ein Kaninchen, das zuvor krank war, wieder gesund, so versucht es oft einen höheren Rangplatz zu ergattern.
  • Keine richtige Vergesellschaftung oder wenn die Tiere nie ihre Rangordnung richtig klären durften/konnten. Teils gibt es Zusammenführungen bei denen nicht gekämpft wird, dafür kommen die Kämpfe dann oft später (im Revier), was zu Problemen führen kann.
  • Die Kastration eines Gruppenmitgliedes (auch Weibchenkastrationen) verändert die Rangordnung, die muss neu festgelegt werden (Kämpfe).
  • Die Kaninchen waren zwischenzeitlich getrennt und wurden wieder zusammen gesetzt.
  • Die Haltung von unkastrierten Rammlern klappt fast nie, sie bekämpfen sich oft nach jahrelanger Harmonie plötzlich bis zum Tode. Zwei Weibchen ohne Männergesellschaft vertragen sich oft in der Pubertät (mit ca. 8-12 Monaten) nicht mehr, oft auch später oder früher, gemischtgeschlechtliche Gruppen sind immer vorzuziehen.
  • Gruppengrößen zwischen vier und acht Kaninchen sind oft sehr viel unruhiger und es kommt zu häufigen Rangordnungkämpfen. Bei sehr kleinen Gruppen oder Gruppen ab acht, neun oder zehn Kaninchen sind meistens deutlich harmonischer.
  • Jungkaninchen  (1 Jahr bis ca. 4,5 Jahre) haben in der Regel sehr viel mehr Auseinandersetzungen als Senioren.

Viele Faktoren können Kämpfe unter Kaninchen begünstigen, z.B.

  • Nahrungsmangel
  • Platzmangel (zu kleine Gehege)
  • Frühling
  • Ungleichgewicht im Geschlechtsverhältnis (z.B. 5 kastr. Rammler und eine Häsin), reine Weibchen- oder Männchengruppen
  • Noch nicht lange zusammen lebende Gruppen (länger zusammen lebende Gruppen sind harmonsicher)
  • Sackgassen im Gehege
  • Extrem viel Platz (über 500m²)
  • Wenig Rückzugsplätze, kein Blickschutz – so dass sich die Kaninchen dem Blick der anderen nicht entziehen können
  • Hormonelles Ungleichgewicht bei einzelnen Kaninchen, z.B. in der Pubertät (um den 8. Lebensmonat herum), besonders bei gleichgeschlechtlichen Kaninchen.
  • Kranke oder kurzzeitig aus der Gruppe genommene Kaninchen (Kastration)

Es ist nicht einfach, eine passende Gruppe zusammenzustellen. Die Tiere sollten mit ihrem Charakter in die Gruppe passen, das Geschlechterverhältnis sollte überlegt sein. Meistens sind mehr Weibchen oder ein ausgeglichenes Geschlechter-Verhältnis ideal, wenn die Weibchen oder Männchen schon sehr problematisch untereinander sind, sollten lieber Tiere vom anderen Geschlecht hinzugesellt werden! Ist ein Tier in einer Gruppe im Sozialverhalten sehr schwierig, ist es evtl. in einer Pärchenhaltung besser aufgehoben.

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Kaninchen mit Behinderung, alte, kranke oder geschwächte Tiere sind teils in einer Großgruppe überfordert, harmonisieren aber in größeren Gruppen mit Ihresgleichen.

Kranke, alte oder geschwächte Tiere werden teils (nicht immer) gemobbt und sind nicht immer für die Großgruppenhaltung geeignet, deshalb sind viele Halter dazu übergegangen, eine separate Gruppe für solche Kaninchen zu halten. Untereinander sind solche Kaninchen meistens sehr harmonisch und glücklich.

Kaninchen mit unterschiedlichen Nahrungsbedürfnissen (z.B. Zahnerkrankungen, erhöhter Energiebedarf, Übergewicht…) sind in der Großgruppe nicht immer einfach zu managen. Idealerweise füttert man eher energiearm mit Grünfutter und zäunt Tiere mit erhöhten Bedarf ein- bis zweimal täglich ab oder nutzt einen Chip-Futternapf um sie mit Zusatzfutter nach ihren Bedürfnissen zu versorgen.

Leider ist eine Großgruppe oftmals sehr lebendig und es braucht viel Erfahrung des Halters, damit das Verhalten richtig eingeschätzt werden und entsprechend reagiert werden kann.

Wann sind Rangkämpfe noch normal?

Egal wie schlimm die Kämpfe aussehen, wie viel Fell fliegt und wie viel die Kaninchen kämpfen: Kämpfe sind grundsätzlich völlig normal, sofern nicht eines dieser Kriterien erfüllt ist:

  • Es kommt zu stärkeren Verletzungen (keine Kratzer oder „Unfall“-Verletzungen sondern behandlungsbedürftige Bisswunden).
  • Die Kaninchen kämpfen über Wochen ohne dazwischen auch wieder kampffrei miteinander zu leben.
  • Ein Kaninchen setzt sich mit Kopf an die Wand und verlässt diese Position nicht mehr, die anderen beißen in seinen Rücken.
  • Ein Kaninchen hat panische Angst vor den anderen Kaninchen und ist auch nach Tagen nur noch auf der Flucht, es ist keine Besserung in Sicht.
  • Die Kaninchen beißen sich richtig fest und liegen so am Boden (keine flüchtigen Bisse)

kaninchen-kampfWas tun, wenn sie sich extrem mobben?

  • Sind alle gesund? Ist ein Kaninchen evtl. im Rang gewandert, z.B. weil es vorher geschwächt war und nun wieder fit ist, oder es fällt im Rang weil es z.B. kastriert worden ist und kommt damit nicht klar? Erfahrungsgemäß merken Kaninchen oftmals Krankheiten noch bevor man es selbst merken kann. Tage später treten dann oftmals Krankheitszeichen auf, die die Kämpfe erklären.
  • Ist die Gruppenzusammenstellung geeignet? Ist jedes Kaninchen großgruppentauglich? Sollte evtl. eines lieber als Pärchen leben?
  • Ist das Gehege richtig gut strukturiert und auch geeignet für die Tieranzahl (Größe)? Können die rangnieren Tieren gut ausweichen? Wurden Sackgassen verhindert?
  • Sind evtl. zwei Kaninchen einfach nicht miteinander verträglich? Bzw. sind zwei Kaninchen Chefs und geben diesen Posten unter keinen Umständen an den anderen ab?
  • Sind die Männchen alle kastriert?

Weiterführende Informationen zu Rangordnungskämpfen sind hier zu finden

6 Kommentare
  1. Meyer
    Meyer sagte:

    Hallo zusammen,

    Ich ziehe bald mit meinem Freund zusammen und wir wollen dann unsere Kaninchen vergesellschaften. Er hat 4 und ich , denkt ihr das funktioniert in einer Wohnung. Die hätten freie Wohnungshaltung + Balkon. Alles wird natürlich Kaninchen sicher gemacht.
    Was sagt ihr dazu und habt ihr Tipps?

    Liebe Grüße

    Stefanie Meyer

  2. Manuela
    Manuela sagte:

    Hallo zusammen,

    ich habe im Herbst zwei Kaninchen aus anderer Haltung übernommen. Nachdem sich rausgestellt hatte, dass der Rammler zwar kastriert war – aber erst vor kurzem, hat sich noch Nachwuchs bei uns eingestellt. Mein Problem ist jetzt, dass die vier Jungtiere alle Jungs sind… zwar alle jetzt Frühkastriert, aber trotzdem.

    Die Tiere leben bei mir draußen in einem drei x drei Meter großen Gehege mit großen Freilauf, in den sie täglich hinaus dürfen.
    Meine Frage ist jetzt, da ja leider die Geschlechteraufteilung jetzt nicht unbedingt optimal ist mit fünf Jungs und einem Weibchen, ob die geplante Anschaffung von zwei bis drei Weibchen im Frühjahr noch ausreichend ist, da ich dann auch mehr Möglichkeiten habe, die Gruppe auf neutrales Gebiet zu setzen oder ob ich besser umgehend noch Weibchen dazu setzen sollte?

    Viele Grüße und Danke

    • Kathinka Bradley
      Kathinka Bradley sagte:

      Hallo Manuela,
      also auch wenn das keine ideale Gruppenzusammensetzung ist, würde ich jetzt nicht unbedingt zur Eile raten. Es kann sein, dass sich die Jungs etwas raufen, aber wirklich Panik sollte sich erst einstellen, wenn sie sich wirklich beißen und bekriegen. Es kann sogar sein, dass die Gruppe so funktioniert, auch wenn das oft genug nicht funktioniert.
      Die Anschaffung von 1-2 Weibchen würde ich auch erst raten, wenn du ein größeres Gehege hast, da das 9 m² große Gehege nicht unbedingt groß genug für so viele Kaninchen ist.
      Ich finde es trotzdem toll, dass du die Kleinen alle behälst :). Ist bestimmt süß mit so vielen Würmchen.
      Liebe Grüße,
      Kathinka vom Kaninchenwiese-Team

      • Manuela
        Manuela sagte:

        Hallo Kathinka,

        vielen Dank für die schnelle Antwort.
        Werde es zunächst so versuchen und abwarten was passiert, da ich mich ehrlich gesagt noch nie an einer so großen Vergesellschaftung versucht habe. Hatte bisher immer nur ein Paar.

        Liebe Grüße
        Manuela

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