Besondere Bedürfnisse von Kaninchen-Senioren

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Je nach individueller Entwicklung spricht man beim Kaninchen etwa ab dem fünften Lebensjahr von einem Senioren. Viele Erkrankungen und Probleme treten jedoch erst deutlich später auf. Je größer das Kaninchen ist, desto geringer ist die Lebenserwartung und somit tritt das Seniorenalter früher ein. Deutsche Riesen sind schon im Alter von ca. 4 Jahren als Senioren einzustufen.
Achten Sie bei Senioren verstärkt auf Krankheitszeichen für typische Alterserkrankungen und suchen sie umgehend einen Tierarzt auf. Achten sie auf eine gewohnte Umgebung, ein Partnertier zum Kuscheln und um Stress zu reduzieren und Rückzugsgelegenheiten. Erleichtern sie den Zugang zu Futter und Wasser und sorgen sie für einen ausgepolsterten, sauberen und trockenen Untergrund. Kontrollieren Sie regelmäßig die Gesundheit und das Wohlbefinden des Tieres.

Leben im Alter: Das Gehege für Senioren gestalten

Rampen zu den Etagen ermöglichen älteren Kaninchen schmerzfrei ihre Lieblingsplätze aufzusuchen.

Große Veränderungen sind für Senioren oft anstrengend, deshalb sollte das Gehege nach Möglichkeit nicht mehr komplett verändert werden. Kleine Anpassungen sind jedoch möglich und oft auch ganz interessant für die Tiere, sofern sie nicht blind sind. Sollten sie umziehen müssen, so empfiehlt es sich, das Gehege wieder ähnlich aufzubauen und die Umstellung langsam anzugehen. Dann sind auch Senioren in der Regel recht anpassungsfähig.

Senioren mögen es bequem: Gerne werden Teppiche, Vetbeds oder Tücher als Schlafplatz angenommen. Kaninchen mit Gelenkserkrankungen fühlen sich so deutlich wohler. Auch dick eingestreute Stroh- oder Heu-Areale sind sehr beliebt.

Barrierefrei: Ältere Kaninchen machen häufig keine großen Sprünge mehr, teils sind diese auch schmerzhaft. Dann können Rampen hilfreich sein. Dafür wird einfach ein Brett mit Teppich beklebt und mit einem Scharnier angebracht. Wer nicht selbst bauen kann, kann sich auch im Handel umschauen, dort gibt es fertige Rampen.

Auch Toiletten sollten einen Senioren-Zugang erhalten, z.B. indem man einen Eingang in die Wanne ausschneidet oder seniorengerechte Toiletten erwirbt.

Futter und Wasser

Gerade in Großgruppen gehen Senioren oftmals unter und kommen eher zu kurz. Dann kann es hilfreich sein, sie einmal am Tag abzuzäunen und ca. eine Stunde lang separat fressen zu lassen. Gerne auch mit einem Partnertier, das sich gut mit dem älteren Kaninchen versteht. Sollte ihr Senior energiereichere Nahrung benötigen, kann er diese in dieser Zeit bequem fressen, ohne das die anderen Kaninchen der Gruppe verfetten.

Eine andere Möglichkeit, ihn separat zu füttern, sind die Futterautomaten Surefeed, welche nur öffnen, wenn der gechipte Senior davor steht.

Wichtig ist zudem, das Futter für Senioren leicht erreichbar anzubieten. Auch Wasser sollte immer in der Nähe zu finden sein.

Passen Sie je nach Gewicht das Futter für Ihr älteres Kaninchen an. Übergewichtige Kaninchen sollten abspecken (Übergewicht), untergewichtige Kaninchen müssen genau untersucht werden (siehe „Gewicht“) und sollten mehr Knollengemüse, Obst und Küchenkräuter erhalten.

Nahrungsergänzungsmittel

Die meisten handelsüblichen Nahrungsergänzungsmittel sind eher ungeeignet, da sie zu Überdosierungen führen können, welche sich dann negativ auswirken. Viele Vitamine (fettlösliche Vitamine) werden bei zu hoher Dosierung nicht ausgeschieden, sondern reichern sich an. Ein relativ gutes Präparat ist das RodiCare Senior. Dieses kann regelmäßig als Nahrungsergänzung gegeben werden.

Vergesellschaftung

Da Senioren stressanfälliger sind, ist bei der Vergesellschaftung besonders auf ihre Gesundheit zu achten. Dies ist jedoch kein Grund, ein älteres Kaninchen alleine zu lassen! Siehe hier

Der ideale Partner für ein Senior ist ein ebenfalls älteres Kaninchen. Hat das Kaninchen sein Leben in einer Großgruppe verbracht, kann es jedoch auch hier gut aufgehoben sein. Beobachten Sie die Gruppendynamik und schauen Sie, wir Ihr Kaninchen sich wohlfühlt. Bei Neu-Vergesellschaftungen in Gruppen bleiben Senioren teils außen vor und halten sich raus. Das ist auch völlig ok so, man sollte aber immer ein Auge darauf haben, dass der Senior nicht zu sehr gestresst wird und gut frisst.

Gewicht

Ältere Kaninchen neigen manchmal zu Übergewicht, da sie sich weniger bewegen als junge Kaninchen. Adipositas kann auf Dauer zu Herzerkrankungen führen, arthritischen Erkrankungen verschlechtern, die Sprunggelenke belasten und Erkrankungen der Leber (Fettleber) und anderer Organe auslösen. Dadurch entstehen oder verstärken sich vielfältige Krankheiten.
Andererseits haben viele ältere Kaninchen auch ein Problem, ihr Gewicht beizubehalten. In diesem Fall sollte durch einen Tierarzt das Zahnsystem geprüft, eine Kotprobe und das Allgemeinbefinden untersucht werden. Oft stecken auch Nierenerkrankungen hinter einer Gewichtsabnahme. Bei solchen Kaninchen kann durch etwas Obst (Banane, Apfel) und Haferflocken oder andere Saaten das Gewicht verbessert werden. Es muss jedoch unbedingt die Ursache geklärt werden bzw. ausgeschlossen werden, dass gesundheitliche Ursachen bestehen.

Bewegung und Aktivität

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Ältere Kaninchen bewegen sich deutlich weniger als junge Kaninchen und haben ein erhöhtes Bedürfnis nach Ruhe. Oft tritt im Alter Arthrose und Spondylose auf, diese äußerst sich symptomatisch durch:
– Weniger Bewegungsfreude
– Vermeidung von Sprüngen auf erhöhte Plätz oder von diesen herunter
– Probleme bei der Körperpflege
– Unreinheiten, mangelhafte Stubenreinheit, Urin und Kotverklebungen am Popo
– Probleme, den Blinddarmkot aufzunehmen
Tiere mit dieser Symptomatik gehören in tierärztliche Hände. Neben der Medikation ist es wichtig, den Analbereich sauber zu halten, das Futter und Wasser leicht zugänglich und am Lieblingsplatz anzubieten, für einen weichen, gepolsterten Untergrund zu sorgen und (bei Übergewicht) das Gewicht zu reduzieren. Zudem sollte Feuchtigkeit und Kälte vermieden werden.
Viele Senioren verändern auch ihr Verhalten, werden sehr ruhig, ziehen sich mehr zurück, kuscheln viel und reagieren recht stark auf Stress und Veränderungen. Deshalb ist es wichtig, Veränderungen langsam und schonend zu veranlassen und Stress zu vermeiden. Eine starke Veränderung, besonders wenn sie plötzlich von Statten geht, muss vermieden werden. Alte Kaninchen sind Gewohnheitstiere und brauchen ihre regelmäßigen und gewohnten Abläufe und die vertraute Umgebung. Ein Partnertier gibt ihnen Schutz und Rückhalt, zudem reduziert es Stress.

Fell und Haut

Ältere Kaninchen pflegen oft ihr Fell nicht mehr so intensiv wie junge Tiere, deshalb kann es nötig sein, sie im Fellwechsel zu unterstützen indem man das alte Fell herauskämmt oder zupft. Zudem sollte das Fell bei Bedarf gepflegt werden, z.B. wenn Verklebungen vorhanden sind. Das Fell wird auch oft weniger dicht, so dass es nötig sein kann, etwas mehr Winterspeck anzufressen zu lassen, so dass sie trotzdem im Winter draußen bleiben können.
Einige Kaninchen neigen im Alter auch zu Abszessen, besonders wenn sie schon in früheren Jahren diese Erkrankung hatten.
Im Sommer ist es sehr wichtig, alte Tiere vor Fliegenmaden zu schützen. Wenn die Tiere Wunden haben, geschwächt sind oder Verschmutzungen im Fell haben (Kot oder Urin) sind sie akut gefährdet und sollten 2x täglich kontrolliert und von Fliegen fern gehalten werden (Innenhaltung mit Fliegengitter etc.).

Krebs

Bei älteren Kaninchen besteht ein erhöhtes Risiko für Krebs und Tumore, diese gehören in tierärztliche Behandlung.

Augen

Im Alter kann es (oft durch jahrelange Fehlernährung) zu einem verstopften Tränennasenkanals kommen, der sich durch dauerhaften Augenausfluss äußert. Der Tierarzt kann den Kanal normalerweise wieder freispülen, unbedingt müssen die Zähne überprüft werden. Ebenfalls tritt oft der Graue Star auf, die Augen wirken dann trüb und das Kaninchen sieht etwas eingeschränkter seine Umgebung.

Atemwege und Herz

Husten, Niesen, Röcheln und Nasenausfluss deutet auf Atemwegserkrankungen und/oder Herzprobleme hin. Diese treten bei Senioren oft auf und müssen tierärztlich behandelt werden.

Nahrungsaufnahme und Durchfall/Verdauungsstörungen

Im Alter treten oft Verdauungsprobleme auf, die durch Zahnprobleme verursacht werden. Bei alten Kaninchen werden oft vorherige Fütterungsfehler in Form von Zahnproblemen sichtbar, denn die Zähne wachsen beim Kaninchen lebenslang nach und werden nur bei richtiger Fütterung optimal abgenutzt. Die Zähne müssen korrigiert werden. Ebenfalls kann die Narungsaufnahme verweigert oder reduziert werden, wenn Zahnerkrankungen bestehen.
Viele ältere Kaninchen sind zu steif um ihren eigenen Blinddarmkot aufzunehmen, so dass dieser liegen bleibt oder sich im Analbereich verklebt.

Nieren & Harnwege

Nierenerkrankungen sind nicht selten bei Kaninchen-Senioren. Besonders eine falsche Fütterung kann zum chronischen Nierenversagen führen, die sich durch Abmagerung, stumpfes Fell und vermehrte Flüssigkeitsaufnahme äußert. Viele Kaninchen pinkeln sich im Alter ein, dies deutet auf eine Blasenentzündung, Blasensteine oder Gries-Ansammlungen in der Blase hin. Die letzten zwei Erkrankungen werden durch eine trockene Ernährung begünstigt.

Schmerzmittel bei Erkrankungen

Wie würdest du entscheiden? Lieber ein Jahr schmerzfrei leben oder 14 Monate mit starken Schmerzen? Viele Personen meiden bei ihren Tieren Schmerzmittel oder haben Angst, dass durch eine Dauergabe die Organe geschädigt werden. Solche Nebenwirkungen sind beim Kaninchen extrem, keinesfalls die Regel und können durch Urin-Sticks und Blutchecks gut erkannt werden, so dass das Schmerzmittel geändert werden kann. Ich persönlich kenne wirklich wenig solcher Fälle und halte es für die absolute Ausnahme. Und auch wenn solche Nebenwirkungen vorkommen können – ein Leben mit Schmerzen ist nicht lebenswert. Unsere Tiere fressen auch mit den größten Schmerzen und lassen sich diese kaum anmerken. Deshalb sollte es selbstverständlich sein, dass schmerzhafte Erkrankungen mit einer guten Schmerzabdeckung behandelt werden und das Tier eine gute Lebensqualität hat, statt dahin zu vegetieren…

Kaninchen brauchen größere Schmerzmittelgaben als Hunde & Katzen, deshalb werden sie oft unzureichend mit Schmerzmitteln versorgt, besonders wenn man bei einer nicht so spezialisierten Tierarztpraxis ist.

Versuche immer einen stressfreien Weg der Medikamentengabe herauszufinden, z.B. indem du es in das Lieblingsfutter mischst…

Tierarzt-Check-up:

Ab 5 Jahren oder bei chronisch kranken Kaninchen sollte nicht nur halbjährlich ein tierärztlicher Check, sondern auch einmal jährlich ein Blutcheck (großes Heimtierprofil) oder zumindest regelmäßig Urin-Teststicks (Zuhause durchführbar, siehe Hausapotheke) und einmal jährlich Röntgen in zwei Ebenen stattfinden. Besonders wichtig ist die Untersuchung der Widderohren mit Bildgebung bei älteren Hängeohren und das Abtasten von unkastrierten Häsinnen bei einem wirklich spezialisierten Tierarzt. Mehr Infos zum Checkup

Der richtige Tierarzt

Kaninchen werden im normalen Tiermedizin-Studium kaum durch genommen, deshalb braucht man eine Tierärztin oder einen Tierarzt, die bzw. der sich speziell auf Kaninchen spezialisiert hat. Ein Kennzeichen ist der „Fachtierarzt für Heimtiere/Kleinsäuger“ (nicht für Kleintiere!). Unsere Tierarztliste

Der “richtige” Zeitpunkt – Einschläferung und der natürliche Tod

Leben entsteht und leben endet – jeden Tag. Das ist der natürliche Lauf des Lebens. Beim Tier stellt sich jedoch spätestens wenn es einem Tier schlecht geht, keine Heilungschance besteht, es leidet oder sehr stark eingeschränkt ist, die Frage, wie viel Lebensqualität es noch hat. Wenn das Tier noch kämpft und eine Heilungschance oder die Möglichkeit besteht, dass es mit der Einschränkung/Erkrankung weiterhin leben kann, ist eine Sterbehilfe meistens noch nicht angebracht. In diesem Fall kann das Tier unterstützt werden (Schmerzfreiheit durch Schmerzmittel, Behandlungsversuch, angenehme Umgebung, lindernde Maßnahmen). Kaninchen sind übrigens auch recht anpassungsfähig wenn sie beispielsweise erblinden, in ihrer Bewegung eingeschränkt werden (Bein-Amputation, leichte Lähmungen) oder anderweitig behindert sind. Solche Tiere stellen jedoch besondere Anforderungen an die Haltung.
Anders sieht es aus, wenn die Schmerzen trotz Schmerzmittel nicht nachlassen und das Tier stark belasten, wenn das Tier leidet und keine Aussicht auf Verbesserung besteht oder wenn die Vitalfunktionen nachlassen oder zusammenbrechen (Herz, Kreislauf, Atmung…). Dann baut das Tier von selbst immer stärker ab, zieht sich zurück, frisst weniger und wenn keine Behandlung erfolgt oder möglich ist, verstirbt es irgendwann. Hier ist es oft sinnvoll, Sterbehilfe zu leisten um unnötiges Leid durch einen längeren, qualvollen Tod zu ersparen. Wir haben in der Tiermedizin das große Privileg, dass wir Tiere erlösen können und sie keinem Todeskampf aussetzen müssen. So können sie friedlich von uns gehen. Immer wieder höre ich von Halterinnen und Haltern, die „beim Sterben zuschauen“, das sollte natürlich nicht so sein und ist tierschutzrelevant. Der Mythos vom natürlichen Tod durch „Altersschwäche“ ist kein friedlicher Tod. Wenn die Organe versagen, geht es dem Tier dreckig…
Oft kann die Tierärztin oder der Tierarzt ein kompetenter Berater sein, da er den Zustand des Tieres und die Erfolgsaussichten auf Besserung durch eine Behandlung besser beurteilen kann als ein Laie. Allerdings sind solche Empfehlungen reine Hilfestellungen. Die letztendlich Entscheidung liegt bei dir. Vertrauen deinem Bauchgefühl und versuche, dich in das Tier hinein zu versetzen. Wäge alle Möglichkeiten ab.
Solltest du dich für eine Euthanasie entschieden haben, so besteht auch die Möglichkeit, das Tier zuhause in seiner gewohnten Umgebung gehen zu lassen, viele Tierärzte machen für diesen Zweck Hausbesuche.
Die Methodik der Einschläferung kann unterschiedlich gehandhabt werden. Eine Möglichkeit ist eine überdosierte Narkose, eine andere eine Narkose mit anschließender Todesspritze. Ungeeignet ist hingegen die Tötung durch eine Todesspritze ohne eine vorherige Betäubung. Diese wird meist aus Kostengründen durchgeführt und löst oft einen qualvollen Todeskampf aus, da das Tier bei vollem Bewusstsein erstickt. In Deutschland, der Schweiz und Österreich ist daher die Anwendung ohne vorherige Narkose untersagt aber leider immer noch Alltag in Tierarztpraxen. Negative Bekanntheit hat hier das Sterbenmittel T61 errungen. Es darf nur nach vorheriger Narkose verabreicht werden.