


Epilepsie, Krämpfe, Anfälle & Co.
Inhaltsverzeichnis
Erste Hilfe
Die Umgebung sichern (mit Kissen/Decken auspolstern oder Gegenstände aus dem Umkreis entfernen, das Tier beruhigen und streicheln, den Raum abdunkeln und das Tier mit einer Decke abdecken, Anfall filmen und aufschreiben, wie lange er dauert. Wenn der Anfall vorbei ist, Körpertemperatur messen und bei Untertemperatur wärmen. Dauert der Anfall über 5 Minuten? Sofort den Tierarzt aufsuchen.
Beispiel: Dieses Kaninchen bekommt beim Fressen Erstickungssymptome, schäumt aus dem Mund, die Augen quellen hervor, es versucht Luft zu bekommen:
Ursachen: Was kann so etwas auslösen?
- E. cuniculi wird häufig als Ursache für Krampfanfälle genannt, ist jedoch eher selten die Ursache und deutlich überdiagnostiziert.
- Diverse schwere Erkrankungen
- Ohrenentzündungen (Otitis interna)
- Kokzidiose (vor allem bei Jungtieren)
- Nematodenlarven (Baylisascaris procynotis, Larva migrans)
- Medikamentenvergiftungen, Bleivergiftungen, sonstige Vergiftungen
- Toxoplasmose
- Herpes simplex Virus
- bakterielle Infektionen
- Tumoren/Neoplasien
- Sauerstoffmangel, z.B. durch Herzerkrankungen oder Atemwegserkrankungen
- Fieberkrämpfe
- Fremdkörper oder (angeborene) Fehlbildungen im Rachenbereich (Anfälle mit Würgen etc.)
- Schlaganfall
- Elektrlytverschiebungen
- Niedriger Blutzucker (Hypoglykämie)
- Nieren- oder Lebererkrankung
- Tollwut (extrem selten)
- Angeborene Fehlbildungen
- Vitamin E – und Betacarotin-Mangel
- Kopfverletzungen (Schädel-Hirn-Trauma)
- Epilepsie
- Todeskampf beim Versterben
- …
Diagnose: Was ist die Ursache?
Bitte suche immer einen kaninchenkundigen Tierarzt auf, wenn möglich einen, der als Spezialist gekennzeichnet ist! Oftmals macht es auch Sinn, für spezielle Untersuchungen einen Neurologen für Tiere hinzuzuziehen.
- Gründliche allgemeine Untersuchung inkl. Temperaturmessung
- Genaue Befragung des Halters (z.B. Zugang zu Katzen- oder Waschbärkot, zu bleihaltigen Stoffen, z.B. Bleifarbe)
- Neurologische Untersuchung
- Kotuntersuchung (Kokzidiose)
- Blutuntersuchung (Heimtierprofil und E. Cuniculi-Titer (igG und IgM) im Blut, Toxoplasmose…)
- Thorax-Röntgen und Herzultraschall
- Bildgebung (zumindest Röntgenaufnahmen), Goldstandard ist die Magnetresonanztomographie (MRT), ggf. mit Punktion (z.B. Larva migrans, Neoplasien, Nachweis von Herpes und Toxoplasmose)
Augen- und Kopfbewegungen: Nystagmus und Scannen
Kopfbewegungen (Scannen): Das Scannen zeigen Kaninchen mit Sehbehinderung, insbesondere Albino- und Siamkaninchen. Es dient der räumlichen Orientierung.
Augenzuckungen (Nystagmus): Augenzuckungen treten besonders bei Mittel- und Innenohrentzündungen auf! Auch bei E. Cuniculi sind sie ein mögliches Symptom. Weitere Ursachen sind denkbar.
Therapie: Wie kann man helfen?
Die Behandlung richtet sich sehr stark danach, welche Ursache den Krämpfen und Anfällen zugrunde liegt, deshalb ist es entscheidend, umfangreiche Diagnostik machen zu lassen und die Tiere gezielt zu behandeln.
- Ist mittels Blutcheck, MRT und weiterführenden Untersuchungen jegliche Ursache ausgeschlossen, kann Phenobarbital (1-2mg/kg/Tag, vorsichtig andosieren) eingesetzt werden.
- Diazepam (Valium) eignet sich als Notfallmedikament im Bedarfsfall.
Tipps für die Haltung
Um keine Stürze zu provozieren, sollten Tiere mit Anfällen unbedingt ebenerdig, ohne höhere Etagen gehalten werden. Die Verletzungsgefahr ist recht groß, deshalb sollten alle potenziellen Gefahrenstellen ausgepolstert oder beseitigt werden.
Stress und Unwohlsein kann Krämpfe oder Anfälle auslösen, deshalb ist eine stressarme Pärchenhaltung oder eine stabile Gruppenkonstellation von Vorteil.
Plötzliche laute Geräusche, laute Musik, starke Düfte (Deo, Duftkerzen, Zigaretten) und Lichtblitze sind ebenfalls mögliche Stressoren, da Kaninchen eine sehr gute Geruchswahrnehmung haben.
Notwendige Medikamente sollten stressfrei durch Medical Training eingegeben werden!
Quellen u.a.:
Deeb, B. J., & DiGiacomo, R. F. (1994): Cerebral larva migrans caused by Baylisascaris sp in pet rabbits. Journal of the American Veterinary Medical Association, 205(12), 1744-1747.
Künzel, F.; Müller, K. (2019): ANDERE NEUROLOGISCHE ERKRANKUNGEN VON KANINCHEN. im Wissenschaftlicher Bericht über die Jahrestagung der Vereinigung Österreichischer Kleintiermediziner (VÖK).
Tierärztin Melissa Brinkmeier, persönl. Mitteilungen