Lieber hören statt lesen?
Wie viele Kaninchen zuverlässig versorgt werden können, ist von Halter zu Halter unterschiedlich. Folgende Punkte sollten vorher bedacht werden:
Prinzipielle Voraussetzungen
Stubenreinheit
Ab vier oder fünf Kaninchen kippt es, dann ist meist keine Stubenreinheit mehr möglich, in Innenhaltung wird deshalb von größeren Gruppen komplett abgeraten.
Selbst in Kaninchenzimmer ist eine größere Gruppe nicht zu empfehlen, denn die Kaninchen laufen durch den Urin (Pododermatitisgefahr!), es riecht unangenehm und gibt ggf. auch Probleme mit dem Nachbarn und Vermieter!
Kann ich die Kosten für so viele Kaninchen stämmen?
Tierarztkosten
Junge Kaninchen sind oft gesund, doch jedes Kaninchen wird einmal älter. Bei größeren Gruppen werden ggf. auch mehrere Kaninchen auf einmal krank! Bedenkt also nicht nur die aktuellen Tierarztkosten sondern auch die zukünftigen. Ein Kaninchen kann mal eben Tierarztkosten im vierstelligen Bereich verursachen, ist es chronisch krank, so fallen ggf. dauerhafte Kosten an.
Als Faustformel könnt ihr schauen, ob ihr euch eine Vollversicherung leisten könntet. Ist diese schon für die Tieranzahl zu teuer, so werden i.d.R. die Tierarztkosten unterschätzt. Natürlich zahlt man bei einer Krankenversicherung ggf. auch eine Weile ein ohne dass man es benötigt, dafür werden auch extreme Kostenspitzen verhindert, die ggf. nicht gestämmt werden könnten. Im Schnitt sind die Kosten jedoch realistisch zu den tatsächlich anfallenden Tierarztkosten über ein Kaninchenleben gerechnet.
Frischfutterkosten im Winter
Besonders die Winterfütterung ist in der Kaninchenhaltung ein finanzieller Faktor, da sehr große Mengen Frischfutter benötigt werden. Man kann über das Jahr gerechnet mit 1-2€ je Tag und Tier rechnen, wenn Kaninchen im Sommer komplett gratis mit Wiese ernährt, Gründüngung im Herbst verfüttert und in der Winterfütterung auf kostengünstiges, saisonales Gemüse (Kohlgemüse, Bittersalate, wenig Knollen) setzt. Dabei sollte jedoch beachtet werden, dass man das Geld im Sommer zurück legt und dann für die Winterfütterung (ca. Januar bis April) verwendet, denn im Winter kommt man mit 2-4€ je Pärchen und Tag oft nicht hin.
Viele Halter bekommen kostengünstig aussortiertes Gemüse von Supermärkten, es sollte jedoch bedacht werden, dass diese Quelle auch mal versiegen kann und dann trotzdem die Kosten für gekauftes Frischfutter gestemmt werden müssen.
Der Zeitfaktor
Zeit für zeitaufwendige Pflege kranker Tiere
Ist ein Kaninchen krank, so werden meistens zeitintensive Tierarztbesuche nötig, teils mehrmals die Woche und ggf. mit zusätzlichen Wartezeiten. Dieser Teil ist jedoch in den meisten Fällen der weniger zeitintensive. Kranke Tiere müssen oft intensiv gepflegt und versorgt werden, oftmals auch nachts. Die Tiere brauchen viel Liebe, Zuwendung und durch ihren Stoffwechsel häufige Medikamentengaben. Je mehr Kaninchen man hält, desto häufiger ist eines krank. Ab einer gewissen Anzahl hat man ggf. durchgängig und auch parallel kranke Tiere und gerade im Alter können Tiere chronisch krank sein, so dass sie dauerhafte Pflege benötigen.
Unverträglichkeiten…
Während Pärchen sehr verträglich sind, können Gruppen zerfallen und die Haltung separater Gruppen oder die Abgabe einzelner Kaninchen erforderlich machen. Durch Gruppenstreitigkeiten kann es zudem zu Bissverletzungen und chronischen Stress, der Krankheiten begünstigt kommen. Viele Halter nehmen Gruppenstreitigkeiten als sehr belastend wahr, einigen ist es auch nicht möglich, mal eben ein zusätzliches Gehege aufzubauen.
Zeit alle Kaninchen zu beobachten und zu pflegen – Krankheiten werden leicht übersehen
Gerade Großgruppenhalter sind oftmals mit der Pflege der Tiere überfordert und übersehen Krankheiten. Auch wenn man eine Großgruppe hält, muss man die einzelnen Tiere ebenso intensiv beobachten, regelmäßig durchchecken (z.B. Zähne, Ohren, Fußunterseite!) und auf Krankheiten prüfen.
Zukunftsvorstellungen
Zukunftspläne für das nächste Jahrzehnt
Kaninchen werden recht alt, deshalb sollte man sich fragen, welche Zukunft man für das nächste Jahrzehnt plant! Im Schnitt erreichen Kaninchen eine Lebenserwartung von acht bis zwölf Jahren, bleibt eines übrig, braucht es wieder Gesellschaft. Es gibt zwar Möglichkeiten, die Haltung der sozialen Tiere zu beenden, jedoch wird dafür meistens ein zeitlicher Spielraum benötigt.
Studium
Kaninchenhalter, die sich noch in der Ausbildung befinden oder bei den Eltern leben, unterschätzen häufig die Planung für zukünftige Ausbildungen, z.B. ein Studium in einer kostenintensiven Stadt – im Studenten-Apartment oder in einer Wohngemeinschaft ist es oft schwierig, Kaninchen zu halten, schon gar nicht wenn es sich um eine große Gruppe handelt!
Jobverlust? Wie sicher ist mein Beruf langfristig?
Durch die Corona-Pandemie haben wir gemerkt, wie schnell sich Sicher geglaubtes verändern kann. Wie krisensicher ist der ausgeübte Beruf? Stehen berufliche Veränderungen an? Wird sich die finanzielle Situation verbessern oder gleich bleiben?
Menschlicher Nachwuchs – Familienplanung
Kinder brauchen Platz, Zeit und verursachen hohe Kosten. Vielleicht ist aktuell viel Zeit übrig und die finanzielle Situation gesichert, so dass man noch Kaninchen dazu nehmen könnte. Aber eine Familienplanung kann alles verändern. Da Kaninchen recht alt werden, sollte auch die Familienplanung des nächsten Jahrzehntes mit bedacht werden.
Eigenes Haus oder Mietwohnung?
Hat man ein eigenes Haus, ist es sicher eine andere Situation, als wenn man in einer Mietwohnung wohnt. Eine Wohnung kann gekündigt werden, wie wahrscheinlich ist es, einen Vermieter zu finden, wenn man eine Großgruppe hält?
Sozialer Faktor
Soziales Netz für den Notfall
Es kann immer mal unvorhersehbar etwas passieren, z.B. eine schwere Erkrankung, Unfälle oder Verpflichtungen. Ein gutes soziales Netz (Freunde, Verwandte, Nachbarn), die tierlieb sind und im Idealfall auch etwas kaninchenkundig, können solch unvorhersehbaren Ereignisse sehr gut auffangen. Hat man jedoch ein eher spärliches soziales Netz, wird es gerade mit einer Großgruppe schwierig sein, die Versorgung der Tiere zu gewährleisten!
Urlaubsbetreuung – Reiseplanung
Gibt es jemanden, der die Kaninchen betreut, wenn ein Urlaub ansteht? Wie oft wird verreist und gibt es eine Alternative, wenn derjenige keine Zeit hat? Zwei Kaninchen kann man ggf. auch mal irgendwo notunterbringen, bei einer Gruppe ist es oft sehr viel schwieriger, jemanden zu finden, der die Zeit, den Platz und die Kompetenz hat!
Mentale Belastbarkeit
Kaninchenhaltung kann auch phasenweise sehr belastend sein, z.B. der Verlust von Tieren, schwere Erkrankungen oder Unverträglichkeiten und Vergesellschaftungen. Ist man in solchen Situationen schnell überfordert, sollte man vielleicht lieber bei einem Pärchen oder einer harmonischen Dreiergruppe bleiben. Je mehr Tiere man hält, desto häufiger sind belastende Situationen.
Großgruppen
Würde man sich auch 20 Hunde oder 20 Pferde kaufen? Komischerweise ist vielen Haltern bei diesen Tierarten sehr viel häufiger bewusst, dass eine solche Anzahl schwer zu stämmen ist. Bei Kaninchen, Meerschweinchen & Co. werden oft die Kosten, der zeitliche Rahmen, die Belastung und Versorgung unterschätzt!
Impfungen und Vorsorge
Gerade Großgruppenhalter versuchen oftmals die Vorsorgekosten zu drücken, indem sie z.B. Sammelimpfungen aufsuchen oder zu einem kostengünstigen Tierarzt gehen, der das Tier kaum untersucht. An sich sind Sammelimpfungen eine gute Sache, allerdings sollte die Gesundheitsführsorge nicht vernachlässigt werden.
- Ohrenkontrolle mit Otoskop, viele Kaninchen haben Ohrenentzündungen. Auch eine genauere Ohrenpflege bei Widdern und tierärztliche Kontrolle der Ohren ist sehr wichtig.
- Abtasten der Gebärmutter bzw. Kastration der Weibchen um Schmerzen durch Gebärmuttererkrankungen auszuschließen, die beim Weibchen recht häufig sind.
- Zahnkontrolle: Kaninchen essen mit schlimmsten Zahnschmerzen noch „normal“, deshalb sollte regelmäßig der Zahnstatus begutachtet werden.
- Kastrationen der Rammler, nur so können sie sozial leben
- Impfungen nach der Stiko vet Empfehlung
- Kotproben
Mehr Infos zur Gesundheitsfürsorge
Achtung Falle!
„Das Kaninchen hat es dort so schlecht, bei mir hat es es auf jeden Fall besser als dort“
Immer wieder geraten tierliebe Menschen in einer Überforderung, weil sie das Leid der Tiere sehen und den Kaninchen helfen möchten. Kaninchen werden häufig sehr schlecht gehalten, so dass man immer eine Verbesserung für das Tier sieht, wenn man es „rettet“. Nehmt immer nur so viele Tiere auf, wie ihr selbst optimal versorgen könnt, für die ihr Platz, Zeit und Geld (kranke Tiere, Impfungen, Kotproben, EC-Titer, Kastrationen…) habt. Bei Notfällen muss zudem ein kompetenter kaninchenkundiger Tierarzt zur Hand und entsprechendes Fachwissen bei euch vorhanden sein. Ansonsten tut ihr den Tieren keinen Gefallen! Wenn ihr helfen möchtet, könnt ihr vor Ort bei Tierheimen oder Pflegestellen unterstützen (ausmisten, Vor-/Nachkontrollen…), ein Kaninchen aus einer seriösen Organisation adoptieren wenn ihr die Möglichkeiten dafür habt, aufklären, informieren, Halter beraten…
Lösungswege
Im Zweifel lieber ein Kaninchen weniger, als eines zu viel!
Es macht sicher keinen Sinn, so viele Kaninchen wie möglich zu halten, lieber eines weniger und alle Tiere optimal versorgt wissen, als bis an die persönliche Grenze zu gehen und dann ggf. überfordert zu werden! Das hat sowohl für die Menschen, als auch für die Tiere Vorteile. Es kann schon sein, dass man aktuell 15 Kaninchen halten kann und sie optimal versorgt werden, bei so einer hohen Tieranzahl ist es jedoch wahrscheinlich, dass kleinere Veränderungen, die ungeplant auftreten, zu Problemen führen und die Haltung der Gruppe nicht mehr gewährleistet werden kann.
Mit anderen Haltern vernetzen
Vernetzt euch mit anderen Haltern in der Umgebung, um im Urlaub gegenseitig die Kaninchen zu betreuen, euch mental bei Vergesellschaftungen beizustehen, über Sorgen und Nöte auszutauschen und Tipps und Hilfe erfahrener Halter zu erhalten. Das kann sehr entlastend sein!
Umfeld vor dem Notfall schulen
Zeigt eurem Umfeld frühzeitig, wie sie die Kaninchen versorgen können, was beachtet werden muss und wie sie mit ihnen umgehen. Das erspart im Notfall viel Stress! Schreibt genau auf, welcher Tierarzt im Bedarfsfall kontaktiert werden soll, wen sie anrufen können wenn sie eine fachliche Frage zu Kaninchen haben und ihr nicht greifbar seid. Solch ein Notfallzettel kann bei den Kaninchen hinterlegt oder den betroffenen Personen ausgehändigt werden.
Notfallkarte
Es gibt Notfallkarten für den Geldbeutel, die z.B. bei Unfällen darauf hinweisen, dass eure Kaninchen alleine und unversorgt zu Hause sind, wenn ihr ausfallt. Sie sind sehr wichtig für alleinstehende, allein wohnende Halter! Notfallkarten
Rücklagen anlegen
Es ist sicher nicht die Lösung so zu planen, dass man am Monatsende bei null rauskommt, es sollte immer ein finanzielles Polster eingeplant und Geld zurückgelegt werden! Dafür eignet sich z.B. ein separates Kaninchen-Konto, auf das ein Dauerauftrag nach Gehaltseingang monatlich eingeht, oder eine Spardose. So wird eine Rücklage für Kostenspitzen gebildet.
Lösungen wenn es zu viele Kaninchen sind
Trotz bester Vorbereitung, sozialen Umfeld, Krankenversicherung und eigenen Haus, kann es zu Situationen kommen, in denen wir in Not geraten und uns nicht mehr ausreichend um unsere Kaninchen kümmern oder sie finanziell nicht mehr ausreichend versorgen können. Wer rechnet schon damit, dass er dauerhaft berufsunfähig wird oder das Eigenheim bei Hochwasser wegschwämmt?
Zudem ist es absolut menschlich, dass wir einen Fehler machen, etwas unterschätzen oder falsch informiert waren.
Sollte es dazu kommen, dass die Kaninchen nicht mehr ausreichend versorgt werden können, ist es wichtig, sich die Überforderung einzugestehen und sich aktiv Hilfe von außen zu holen!
Mögliche Ansprechpartner in solchen Situationen
- Tierheim/Tierschutzverein vor Ort
- andere Kaninchenhalter
- Kaninchenschutz-Vereine, Notstationen, Pflegestellen
- Verwandte, Freunde, Bekannte, Nachbarn