bei der Zusammenführung von Kaninchen

Bei den meisten Beratungen kristalisiert sich schnell heraus, dass immer wieder die gleichen „Fehler“ gemacht werden. Eine Vergesellschaftung ist für die meisten Halter eine Hausforderung, die auch sehr belastend sein kann. Um den Kaninchen vermeindlich zu helfen, wird oft so gehandelt, dass die Vergesellschaftung nachher scheitert. Zudem sind auch viele Methoden und Empfehlungen verbreitet, die den Erfolg der Vergesellschaftung gefährden oder verhindern können.

Lieber hören als lesen?

Erst einmal „beschnüffeln lassen“

Oft wird empfohlen, die Kaninchen erst einmal sich beschnüffeln zu lassen um festzustellen, ob sie sich „riechen können“.
Diese Empfehlungen wirken sich stark auf die spätere Vergesellschaftung aus. Wenn sich Kaninchen beschnüffeln, entweder durch ein Gitter oder indem man das Neue zum alten Kaninchen setzt oder sie wo anders zusammen setzt, fängt eigentlich schon die Vergesellschaftung an. Ist das neue Kaninchen im Revier des alteingesessenen, so verteidigt das wohnhafte Kaninchen heftig sein Revier. Viele Halter sind daraufhin erst einmal geschockt und setzen das neue Kaninchen wieder in sein altes Gehege zurück. Manchmal verhalten sie sich auch harmonisch aber werden trotzdem wieder getrennt. Einige Halter setzen sie dann „immer wieder mal“ zusammen bis sie sich verstehen, da sie die Beiden nur unter Aufsicht zusammen lassen möchten, aus Angst, dass sie sich streiten, wenn sie nicht dabei sind. Einige Halter probieren die vorerst harmonischen Kaninchen nachher in den Käfig oder das Gehege zu setzen, in dem das alte Kaninchen wohnt, daraufhin greift dieses meistens den Neuzugang an, da es sein Revier verteidigt.
Ein „beschnüffeln lassen“ ist aus mehreren Gründen schädlich für die spätere Vergesellschaftung:
1. Wenn man Kaninchen zusammen setzt, um sie zu vergesellschaften, dürfen sie dazwischen keinesfalls wieder getrennt werden (siehe weiter unten). Nach jeder Trennung geht die Vergesellschaftung von vorne los und unter Umständen ist es sogar von mal zu mal heftiger. Erst beschnüffeln lassen, dann trennen und nachher wieder zusammen setzen klappt also meistens nicht!
2. Kaninchen sich gegenseitigt beschnüffeln zu lassen, ohne dass man sie auch die Rangordnung klären lässt (z.B. durch ein Gitter getrennt oder indem man sie festhält bzw. eingreift), schürrt bei vielen Kaninchen Aggressionen, die sie später, wenn sie dann normal zusammen gesetzt werden, entladen indem es zu sehr heftigen Kämpfen kommt. Deshalb gilt als Empfehlung: Ganz zusammen setzen oder gar kein Kontakt.
3. Das Revier des alten Kaninchens wird verteidigt, In Kaninchensprache ist es unverschämt, wenn das neue Tier einfach in das Revier des ansässigen Kaninchens eindringt. Dabei kann es zu heftigen Kämpfen mit Verletzungen kommen. Kaninchen müssen immer außerhalb von Revieren in einem völlig fremden Gebiet aufeinander treffen, sich kennen lernen, die Rangordnung klären und miteinander auskommen – erst dann dürfen sie zurück in das Revier ziehen.

Das neue Kaninchen in das Revier des alteingesessenen setzen

Kaninchen sind sehr territorial veranlagt, auch in der Natur respektieren Kaninchengruppen die unsichtbaren Reviergrenzen sehr genau, denn wenn sie diese überschreiten, werden sie entsprechend zurecht gewiesen. In der Natur können die Kaninchen jedoch bei einem Angriff zurück in ihr Revier fliehen und das Revier des anderen Kaninchens verlassen. Das ist in der Haustierhaltung nicht möglich, so dass es bei den heftigen Kämpfen zu starken Verletzungen kommen kann.
Dies möchte man als Haustierhalter natürlich nicht provozieren, deshalb sollten vor allem unerfahrene Kaninchenhalter keinesfalls ihre Kaninchen dort vergesellschaften, wo sich das andere Kaninchen bereits aufgehalten hat. Haben sie sich außerhalb kennen gelernt, so können sie später auch wieder in das Revier zurück ziehen.
Stellen Sie sich vor, eines Tages sitzt ein völlig Fremder bei Ihnen im Wohnzimmer auf Ihrem Sofa und schaut Fernsehen. Vermutlich wären sie erst ziemlich sauer und würden versuchen, ihn aus der Wohnung zu schmeißen. Nun geht dieser Fremde jedoch nicht, sondern bleibt einfach in ihrer Wohnung, isst ihr Essen weg, nutzt ihr Badezimmer, schläft in Ihrem Bett… Vermutlich würde sich ihre Wut nun noch mehr anstauen, da dieses Verhalten einfach unverschämt ist. Hat er denn kein respekt vor ihrer Privatsphäre und ihrem Wohnrecht für diese Wohnung?
Nun stellen Sie sich vor, Siwe würden den gleichen Menschen draußen auf der Straße kennen lernen, eine Weile mit ihm irgendwo anders zusammen leben und dabei eine Freundschaft schließen. Jetzt dürfte er wohl viel lieber mit in ihrer Wohnung wohnen, oder?

Gitter an Gitter kennen lernen

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Oft wird als Standard-Vergesellschaftung empfohlen, die Kaninchen erst einmal in Gehegen oder Käfigen nebeneinander zu halten, und wenn sie sich aneinander gewöhnt haben, sie zusammen zu lassen. Diese Vergesellschaftungsform ist für den Anfang nicht die Beste! Das Beschnüffeln ohne die Rangordnung klären zu können, führt meistens bereits am Gitter, aber besonders beim anschließenden Zusammensetzung der Kaninchen zu Kämpfen mit schweren Verletzungen. Diese Vergesellschaftungs-Form ist lediglich für eingeschränkte/behinderte Kaninchen empfehlenswert oder für Kaninchen, die keinerlei Aggressionen am Gitter zeigen. Ebenfalls eingesetzt werden kann sie bei extrem schwierigen, nicht sozialisierten Kaninchen, sofern andere Methoden bereits ausgeschöpft wurden. Die Methode ist keinesfalls für den Anfang oder für Anfänger geeignet und kann dann zu heftigen Verletzungen führen. Meist scheitern solche Vergesellschaftungen. Siehe auch Vergesellschaftungsmethoden.

Vergesellschaftung von gleichgeschlechtlichen Kaninchen

Immer noch hört man in Zoohandlungen, bei Züchtern und Privathaltern den Tipp, gleichgeschlechtliche Kaninchen zu halten, damit die Kastrationskosten gespart werden bzw. damit sich kein Nachwuchs einstellt. Leider geht dieser gut gemeinte Ratschlag meist schief, denn nur wenige gleichgeschlechtliche Pärchen verstehen sich langfristig. Zwei Weibchen, die zusammen aufwachsen, verstreiten sich oft in der Pubertät und werden dann alleine gehalten, weil man nicht weiß, wie man es anders lösen soll… Das Zusammenleben zweier Rammler, die zusammen aufwachsen, klappen durchaus, sofern sie beide kastriert wurden, allerdings machen sie häufig eine schwierige Phase in der Pubertät durch. Dreier-Gruppen mit kastrierten Rammlern können komplizierter sein und sich ggf. auch in der Pubertät verletzen. Unkastrierte Rammler bekämpfen sich oft nach vielen harmonischen Monaten oder sogar Jahren urplötzlich und verletzen sich dabei stark. Im Extremfall können sie sich auch dabei töten. Besonders gerne verletzen sie sich an den Geschlechtsteilen. Spätere Vergesellschaftungen gleichgeschlechtlicher Kaninchen sind nur empfehlenswert, wenn noch Kaninchen des anderen Geschlechts dazu gesellt werden. Reine Kastraten-Gruppen oder Weibchen-WG´s sind schwer zu vergesellschaften und für Anfänger keine gute Kombination.

Lösung: Sollten Sie bereits gleichgeschlechtliche Kaninchen angeschafft haben, so müssen diese so früh wie möglich kastriert werden. Frühkastrierte Rammler sind besser verträglich. Bei bereits zerstrittenen Rammlern können diese nach der OP zusammen aufwachen und anschließend in einem neutralen Bereich vergesellschaftet werden. So ist die Vergesellschaftung viel ungefährlicher und einfacher. Sollte es trotzdem zu Auseinandersetzungen kommen, sollte ein gegengeschlechtliches Kaninchen hinzu vergesellschaftet werden, dieses bringt meistens Ruhe in die Gruppe. Wenn auch das nicht hilft, kann  eines der gleichgeschlechtlichen Tiere anschließend vermittelt oder separat mit einem anderen Kaninchen als Pärchen gehalten werden. Eine Einzelhaltung ist nie eine Lösung für Kaninchen als hochsoziale Tiere!

Vorschnelle Trennung der kämpfenden Kaninchen

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Werden Kaninchen vergesellschaftet, so kommt es zu Jagereien, Kämpfen, Rammeln, Fellflug – das alles ist völlig normal. Viele Halter gehen davon aus, dass sich die Kaninchen von Anfang an verstehen müssen und ansonsten bestimmt unverträglich sind. Das ist jedoch reines Wunschdenken, denn Kaninchen können nur harmonisch zusammen leben, wenn sie davor die Rangordnung geklärt haben. Greifen Sie nicht ein, es sieht schlimmeer aus als es ist. Ebenfalls oft zu Trennungen kommt es, wenn eines der Kaninchen etwas unter dem anderen leidet. Auch das gehört zur Rangordnungsklärung. Zur Not verlassen sie den Raum und lassen Sie die Kaninchen alleine ihre Rangordnung klären. Eingeschritten werden sollte grundsätzlich nur, wenn es zu stärkeren Verletzungen kommt, die tierärztlich behandelt werden müssen. Ansonsten gehört es zum normalen Rangordnungsverhalten.

Beengtes Zusammenleben

Immer wieder höre ich von Haltern, die sich darüber wundern, dass sich ihre Kaninchen im Käfig oder Stall nicht verstehen. Mal ehrlich, würden Sie es mit einem anderen Menschen im Gästeklo aushalten? Wahrscheinlich würden sie nach kurzer Zeit sogar ihren besten Freund verfluchen, wenn sie so dicht mit ihm zusammen leben müssen. Stellen Sie sich vor, Sie können sich zum ausruhen oder um in Ruhe zu essen oder auf die Toilette gehen zu können, nicht zurück ziehen, ihr Freund steht grundsätzlich neben Ihnen und wenn sie Schlafen, springt er über Sie drüber um zu essen oder die Toilette neben Ihnen zu benutzen. Da Ihnen beiden in der Enge etwas langweilig ist, versuchen Sie sich dort sinnvoll zu beschäftigen, der eine zerlegt die Toilette, der andere möchte derweil in Ruhe schlafen. Kann das funktionieren? Wohl kaum. Kaninchen brauchen einen größeren Lebensraum um sich zu verstehen. Ein Stall oder Käfig, egal wie groß, ist völlig ungeeignet!

Ungeeignete Einrichtung mit Sackgassen

Völlig ungeeignet für die Vergesellschaftung sind Unterschlüpfe, die eines der Kaninchen bereits kennt, denn diese sieht es als sein Bestz und verteidigt sie. Ebenfalls nicht geeignet sind alle Arten von Unterschlüpfen mit nur einem Eingang, durch solche Unterschlüpfe kann ein Kaninchen in die Enge getrieben werden. Es kann dann nicht mehr ausweichen, was zu starken Verletzungen führen kann.

Vergesellschaftung mit Pausen

Viele Halter tendieren dazu, ihre Kaninchen ab und zu zusammen laufen zu lassen und dazwischen wieder zu trennen. Gründe dafür ist meist Angst, dass sie sich nachts etwas tun könnten oder aber sehr enge Nachtställe in denen man die Zusammeführung kaum durchführen kann. Ganz wichtig bei Zusammenführunge ist, dass man die Tiere nicht mehr dazwischen trennt, denn das gefährdet jede Zusammenführung und die Tiere fangen bei jedem Zusammensetzung wieder von Vorne an. Dieser Stress und die unnötige Länge kann man den Tieren ersparen. Zudem findet sehr viel der Rangordnungsklärung nachts statt, wenn die Tiere sehr aktiv sind. Kaninchen sind wechselaktiv und schlafen nachts nicht durch. Deshalb brauchen sie auch entsprechend viel Platz in der Nacht. Ein Stall oder Käfig ist nicht artgerecht und wie ein „Gefängnis“.

Revierbildungen nicht verhindern

Kaninchen bilden unter Umständen sehr schnell ein Revier in den eigentlich neutralen Gebiet. Besonders, wenn sie sich in einem bestimmten Bereich verschanzen (z.B. in einer Toilettenwanne oder in einer Ecke des Geheges). Es gibt sogar Extremfälle, bei denen prinzipiell jede Toilettenwanne als Revier anerkannt wird, selbst wenn die Umgebung absolut neu ist oder die innerhalb von fünf Minuten bereits ein Revier bilden. Zu sehen ist dieses Problem am Verhalten der Tiere. Sollte ein Tier sich nur in einem bestimmten Bereich aufhalten, so sollte es regelmäßig „unter die anderen gemischt“ werden. Wenn Sie beobachten, dass ein Kaninchen einen Bereich verteidigt, so gehen Sie wie folgt vor:

  • den Bereich vom Vergesellschaftungsbereich abtrennen, so dass er erst einmal nicht benutzt werden kann (wenn möglich).
  • bei Toilettenwannen diese regelmäßig verschieben oder durch flache/anders aussehende Behältnisse austauschen.
  • verhindern, dass sich Tiere das Vergesellschaftungsrevier „aufteilen“ (sich Gruppen mit kleinem Revier bilden), z.B. indem man sie durchmischt, das Gebiet verkleinert oder Unterteilungen/Grenzen vermeidet /z.B. Trennwände).
  • Das Futter so anbieten, dass die Tiere das ganze Gehege nutzen.

Gute Beobachtung ist hier das A & O um dieses Verhalten zu unterbinden.