Leberschaden, Fettleber, Leberentzündung

Schema der Kaninchenleber: links die dem Zwerchfell anliegende Seite, rechts die dem Bauchraum zugewandte Seite.

Ein Leberschaden zeigt sich oft erst recht spät oder bleibt unbemerkt. Teils wird er durch Zufall im Blutbild erkannt. Die häufigste Leberveränderung beim Kaninchen ist die Leberverfettung (Hepatolipidose), sie betrifft mehr als die Hälfte aller leberkranker Kaninchen. Sehr viel seltener, aber an zweiter Stelle, treten Leberentzündungen auf. 

Symptome sind oftmals eher unspezifisch:

  • Abmagerung, Appetitverlust
  • Verdauungsstörungen, Aufgasungen
  • Krämpfe
  • Übergewicht
  • Bewegungsstörungen, schwankender/unsicherer Gang, neurologische Symptome
  • Licht- und Temperaturempfindlichkeit
  • Durchfall
  • Gelbe Hautfarbe
  • Stumpfes Fell
  • Plötzlicher Tod

Diagnose

durchfall kaninchen
  • Durch ein Blutbild können die Leberwerte überprüft werden. Da die Leberwerte oft beim Kaninchen recht träge reagieren, ist meistens z.B. nur der AST (am häufigsten auffällig) oder ALT-Wert erhöht. Das alkalische Phosphat (AP) ist beim Kaninchen laut Studien bisher kein Indikator für Leberkrankungen. Weitere Werte, die auf Lebererkrankungen hindeuten, sind GLDH (dieser gilt als sensitivster Leberwert), GGT,  Bilirubin, Triglyzeride und Harnstoff.
    Es werden akute (GLDH ohne ALT) und chronische Lebererkrankungen (niedrige Blutproteinwerte, ALT) unterschieden. 
    Tendenzen:
    Leberkokzidiose: erhöhte Ketonkörper, Gallensäuren, Cholesterin und Triglyzeride, Bilirubin, Anämien
    Fettleber: Triglyceride, Cholesterin und  Leberenzyme erhöht
    Traumatische Hepatitis: drastische Erhöhung von AST und ALT, teils Erhöhung der Nierenwerte
    Leberneoplasien und Leberabszesse: starke Erhöhung der Leberenzyme, Bilirubin, Anorganisches Phosphat und Gallensäuren
    Infektiöse Leberentzündung: moderater, in Einzelfällen starker Anstieg der Leberenzyme, Pseudolinksverschiebung, Leukozytosen, teils massive Erhöhung von Harnstoff und Kreatinin (Niere)
    Leberlappentorsion: Anämie, oft ALT, AST erhöht
    Tularämie und Rodentiose: Pseudolinksverschiebung, Leukozytose, meist gar nicht oder nur gering erhöhte Leberwerte
    Herzerkrankungen/Stauungsleber: Die Leberwerte sind nur leicht erhöht.
    Vergiftungen: erhöhte Leberenzyme, Gallensäuren, Bilirubin
    Leberegel (Anämie, Hypoalbuminämie, erhöhte Leberenzyme und Eosinophilie)
  • In fast allen Fällen ist es sinnvoll, die Leber im Ultraschall anzuschauen, denn nur so kann die Diagnose richtig gestellt werden (Unterscheidung von Leberkokzidien, Tumor, Leberlappentorsion, Entzündung der Leber, Trauma der der Leber etc.). 

Ursachen:

  • Nicht selten führt eine völlige Überernährung mit Kaninchen-Trockenfutter zu einer Fettleber, die einen plötzlichen Tod verursachen kann.
  • Nahrungsverweigerung oder schlechter Appetit führen zum Fettabbau über die Leber und verursachen u.U. einen Leberschaden (Fettleber). Dies ist der Grund, warum (besonders dicke) Kaninchen niemals fasten sollten. Durch andere Erkrankungen, die zu reduzierter/fehlender Nahrungsaufnahme führen(Zahnerkrankungen, Verdauungsstörungen…), kann es dazu kommen. 
  • Aber auch Parasiten und Viren/Bakterien sind eine nicht zu unterschätzende Gefahr für die Leber: Häufig steckt E. Cuniculi, Syphilis, Leberegel oder Kokzidiose hinter schlechten Leberwerten. Diese Krankheiten müssen dementsprechend ausgeschlossen/behandelt werden.
  • Kokzidien sind oftmals über den Kot feststellbar, es gibt jedoch auch Fälle, bei denen sie nur die Leber befallen, nicht aber über den Kot ausgeschieden werden, daher ist ein Ultraschall zur Diagnosesicherung anzuraten.
  • Syphilis kann durch einen speziellen Bluttest ausgeschlossen werden, der allerdings relativ lange dauert. Deshalb sollte man besonders auf Symptome achten.
  • E. Cuniculi kann im Blut festgestellt werden, dabei können zwei Titer (igG und IgM) erhoben und so gesehen werden, ob er gerade aktiv ist. Ein hoher Titer tritt jedoch auch bei geschwächten Tieren auf (sekundär E. Cuniculi zusätzlich zur Grunderkrankung). 
  • Leberegel kommen bei Tieren, die mit Wiese ernährt werden, in Betracht. Besonders wenn auf (feuchten) Weiden, die von Rindern, Pferden oder Schafen beweidet werden, Grünfutter gepflückt wird. 
  • Schimmelpilztoxine/Mykotoxine
  • Auch sehr selten kann die Rodentiose (Nagerpest, Pseudotuberkulose) zu Lebererkrankungen führen. Typisch hierfür sind chronische Abmagerung und teils auch Fieberschübe.
  • Auch ein chronischer Verlauf einer RHD(2) Infektion (z.B. geimpfter Tiere) ist denkbar.
  • Tularämie ist ebenfalls sehr selten und kann die Leber befallen, es gibt chronische oder akute Verlaufsformen. Siehe Tularämie
  • Auch eine Entzündung der Leber (Hepatitis) tritt selten auf, häufig in Verbindung mit Allgemeininfektionen. Häufig ist sie mit Nahrungsverweigerung und Trägheit verbunden.
  • Durch eine Herzerkrankung kann es zum Blutrückstau und somit zu einer Stauungsleber kommen. Diese Tiere zeigen teils Anzeichen für eine Herzerkrankung
  • Durch Unfälle kann es zu einer traumatischen Lebererkrankung kommen, insbesondere durch (versehentliche) Tritte oder Stürze. Die Kaninchen sind apathisch, sitzen oft matt und zusammengekauert mit halb geschlossenen Augen in der Ecke. 
  • Auch eine Leberlappentorsion (v.a. bei weißen Widdern mit brauner Scheckung) ist eine seltene Erkrankung. Sie ist nur im Ultraschall feststellbar, wird häufig übersehen und ist dann oft tödlich! Sie kann mit (wiederkehrenden) Magendilatationen einhergehen.
  • Es gibt leider auch Tumoren (auch das leukämische maligne Lymphom, Metastasen…) und Abszesse der Leber.
  • Ebenfalls kann eine Belastung mit Medikamenten, das Fressen von giftigen Stoffen oder von Giftpflanzen einen Leberschaden verursachen. Letzteres ist sehr selten. Am verbreitetsten/wahrscheinlichsten sind noch Vergiftungen mit Herbstzeitlose.

Behandlung:

Achtung! Keinesfalls Mittel mit zugesetzten Aminosäuren verwenden! Das enthaltene Methionin kann beim Kaninchen die Leberfunktion verschlechtern! S-Adenosyl-L-Methionin (SAMe) ist in einigen Präparaten für Hunde und Katzen enthalten!

  • Zunächst sollte die Ursache gefunden und beseitigt werden (Behandlung der Kokzidien, Syphilis, E. Cuniculi etc., Übergewicht schonend reduzieren…)
  • Zusätzlich können Infusionen entscheidend für die Genesung sein. Ggf. kann der Tierarzt zeigen, wie diese gegeben werden. Es sollte Vollelektrolythlösung (am besten Jonosteril, ansonsten auch Vollelektrolytlösung ohne Lactat, z.B. Ringer) verabreicht werden.
  • Leberschutz-Präparate (Rodicare Hepato, Toxisan…) können verwendet werden.
  • Wichtig ist Mariendistel-Extrakte wie z.B. dieses – Kapsel aufschneiden und ca. die Hälfte des Inhalts am Tag geben) werden verwendet um die Leber zu entlasten. Sehr gut sind auch Mariendistelsamen, da diese meist selbst gefressen werden.
  • Lactulose (AA Laxulon oder Laxatract sind zuckerfrei, 2-3x tägl. 2-3 ml/kg Körpergewicht in den Mund) schafft ein saures Milieu im Darm. Bei Leberfunktionsstörungen sammeln sich in höherer Konzentration giftige Stoffwechselprodukte im Blut (z.B. Ammoniak) an. Dieser wird durch die saure Umgebung im Dickdarm gebunden und zu Ammonium überführt – dadurch wird er vermehrt über den Kot ausgeschieden. Auch Apfelpektin und Inulin (Topinambur, Chicorée…) hat diesen Effekt.
  • Ein Multivitaminpräparat speziell für Kaninchen, besonders antioxidative Vitamine (Vitamin E, Vitamin C) und B Vitamine.
  • Gering dosiert Schwarzkümmel/-öl (Nigella sativa)
  • Selen und Zink kann hilfreich sein.
  • Omega 3 Fettsäuren (EPA (Eicosapentaensäure) und DHA (Docosahexaensäure)) reduzieren Entzündungsprozesse, oxidativen Stress, Fibrosierung und Leberschäden, deshalb kann ein Algenöl zur Nahrungsergänzung sinnvoll sein.
  • Jegliche Fertigfutter müssen umgehend vom Ernährungsplan gestrichen und durch vielfältiges Grünfutter ersetzt werden. Viel Frischfutter und der Verzicht von trockenen Futtermitteln entlasten die Leber.
  • Insbesondere sollte auf entgiftende Kräuter Wert gelegt werden. Dazu zählen Mariendistel, Walnussblätter, Löwenzahn, Kümmel, Birkenblätter, Gelbwurz, Süssholz, Labkraut, Himbeerblätter, Odermenning, Artischockenblätter, Knoblauchgrün, Enzianwurzel, Wiesenknopf, Ackerschachtelhalm, Frauenmantel, Majoran, Thymian, Ingwer, Rosmarien, Schafgarbe, Disteln, Spitzwegerich, Breitwegerich, Eichenblätter, Brennnesseln, rote Beete, Kohl, Fenchel, Karotte… Generell helfen bittere Pflanzen, den Leberstoffwechsel anzuregen und zu regulieren.
  • Viel Trinken (Schale statt Nippeltränke!) hilft, evtl. Karottensaft anbieten, dann wird oft mehr getrunken.
  • Medikamente für andere Erkrankungen sollten vermieden werden, inbesondere wenn sie über die Leber verstoffwechselt werden.
  • Ebenfalls kann mit Komplexmitteln der Firma Heel die Leber behandelt werden, je nach Leber-Erkrankung sind dabei versch. Mittel geeignet, z.B. Hepar compositum, Cerebrum compositum. Diese können auch mit in die Infusion gegeben werden. Eine Wirkung homöopathischer Mittel ist wissenschaftlich nicht belegbar.
  • In Fall der Leberlappentorsion und eines Lebertumors kann eine Operation nötig sein.
  • Bei infektiösen Lebererkrankung, Rodentiose und Tularämie muss ein Antibiotikum eingesetzt werden.
  • Infektiöse Entzündungen der Leber sollten durch eine leberschonende Schmerzmittelgabe (Matamizol (Novalgin)) zusätzlich zur intensiven Therapie unterstützt werden.
  • Verweigert das Kaninchen die Nahrung? Dann muss es zugefüttert werden.

Die Leber ist regenerationsfähig, sofern man die Ursache umgehend beseitigt.

schnuffel (2)

Fallbeispiel 1: Schnuffel, 8-9 Jahre alt, EC-positiv, Grünfütterung. Er bekam Vollelektrolytlösung, Silicur, Hepar comp. und Mariendistelsamen. Kotuntersuchung und Ultraschall blieben befundlos. Fünf Tage nach der ersten Blutentnahme waren die Werte wieder in Ordnung.

Fallbeispiel 2: Kaninchen, Mischling, 5 Jahre, Zufallsbefund schlechte Leberwerte im Blutbild. Behandlung einmal täglich mit Schwarzkümmelöl, Gladiator Plus und Mariendistelaxtrakt. Homöopathische Begleit-Therapie mit  Hepar comp. und Cerebrum compositum. Fütterung von entgiftenden Pflanzen. Kontrollblutbild nach zwei Wochen ohne Befund.

Fallbeispiel 3: Kaninchen Leon, 6 Jahre alt, apathisches Verhalten, frisst schlecht, struppiges Fell, ganz leicht schräger Kopf, scannt, EC-positiv,Leberwerte erhöht. Kotprobe ohne Befund. Behandlung mit Panacur, Hepar comp., Infusionen und Mariendistelextrakt. Nach 3 Wochen vollständige Genesung.

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