Die freie Wohnungshaltung von Kaninchen erfreut sich wachsender Beliebtheit, da sie den Tieren nicht nur ein artgerechteres Leben ermöglicht, sondern auch die Bindung zwischen Mensch und Tier fördert. Anders als bei der herkömmlichen Käfighaltung, in der Kaninchen nur begrenzten Platz haben, genießen sie in der freien Wohnungshaltung maximale Bewegungsfreiheit. Doch worauf müssen Haltende achten?
Warum freie Wohnungshaltung?
Vorteile für dich: Die freie Kaninchenhaltung fördert die Bindung zu deinem Kaninchen, da ihr mehr voneinander mitbekommt und so ganz nebenbei eure Bindung immer besser wird. Du brauchst weniger separate Zeit die du dich gezielt mit deinen Kaninchen beschäftigst, es klappt nebenher… Zudem hast du deine Kaninchen gut im Blick und stellst so Erkrankungen, Veränderungen im Verhalten usw. schneller fest und kennst dein Kaninchen besser. Da es weniger separate Kaninchenbereiche und kein Gehege gibt, braucht die Haltung zudem viel weniger Platz, was besonders in kleinen Wohnungen von Vorteil sein kann.
Vorteile für die Kaninchen: Kaninchen sind von Natur aus neugierige, aktive Tiere, die große Bewegungsfreiräume benötigen. In freier Natur legen sie täglich mehrere Kilometer zurück, graben, springen und erkunden ihre Umgebung. Die freie Wohnungshaltung ermöglicht es ihnen, diese Bedürfnisse auch im Haus auszuleben. Außerdem hilft diese Haltungsform dabei, Verhaltensstörungen vorzubeugen, die durch Langeweile und Bewegungsmangel entstehen können.
Anforderungen an den Wohnraum
Bevor du dich für die freie Wohnungshaltung entscheidest, solltest du den Wohnraum auf seine Eignung prüfen. Kaninchen benötigen ausreichend Platz und eine sichere Umgebung.
- Platzangebot: Für zwei Kaninchen sollten dauerhaft min. 6 Quadratmeter zur Verfügung stehen. Je größer der Raum, desto besser können sich die Tiere entfalten.
- Sichere Umgebung: Der Wohnraum muss kaninchensicher gestaltet werden. Dazu gehört insbesondere der Schutz vor Kabeln und giftigen Pflanzen. Alle potenziellen Gefahrenquellen sollten sorgfältig entfernt oder abgedeckt werden. Wohnung sichern
- Hitze? Im Sommer sollte es genug kühle Räume geben, die die Kaninchen aufsuchen können. Das Dachgeschoss wird oft so heiß, dass man reine Dachgeschoss-Wohnungen mit einer Klimaanlage ausstatten muss, sonst erleiden die Kaninchen einen Hitzschlag.
Sichere Gestaltung des Wohnraums
Kaninchen sind neugierig und erkunden ihre Umgebung gründlich. Daher sollte der Raum sowohl vor den Tieren als auch die Tiere vor Gefahren geschützt werden.
Kabelschutz: Alle Kabel sollten unzugänglich für die Kaninchen verlegt oder mit speziellem Kabelschutz versehen werden. Kaninchen lieben es, an Kabeln zu knabbern, was nicht nur zu Verletzungen, sondern auch zu Kurzschlüssen führen kann.
Giftige Pflanzen: Zimmerpflanzen, die für Kaninchen giftig sind,, sollten außerhalb ihrer Reichweite platziert werden.
Sicherer und pflegeleichter Boden: Nicht alle Kaninchen sind rutschige Böden wie z.B. Fliesen gewöhnt, einige bewegen sich nur auf griffigen Untergrund fort. Teppiche oder Matten bieten eine gute Lösung, um den Tieren Halt zu geben. Der Boden ansich sollte nicht empfindlich sein, wenn mal etwas daneben geht. Sonst kann man ihn mit einem griffigen PVC abdecken und die Ränder mit Schienen vor dem Beknabbern schützen. Teppiche sollte so klein sein, dass sie sich in der Waschmaschine reinigen lassen.
Weiche Untergründe wie Teppich, Bett & Sofa: Kaninchen neigen dazu, weiche Oberflächen wie Betten, Polsterstühle, Sessel, Sofas und oft auch Teppiche als „Toilette“ zu missbrauchen. Diese weichen Materialien ähneln dem, was sie instinktiv als komfortable Plätze für das Urinieren betrachten. Es kann sinnvoll sein, Teppiche zu entfernen oder durch pflegeleichtere. waschbare Teppiche zu ersetzen und weiche Möbelstücke für die Tiere unzugänglich zu machen oder mit wasserfesten, waschbaren Materialien (z.B. Inkontinenzauflagen) abzudecken.
Graben auf weichen Untergrund: Manche Kaninchen graben sehr gerne und leeren dabei Toiletten aus, bearbeiten Kissen oder das Sofa. Es soll sogar Fälle geben, in denen das Sofa ausgehöhlt und ein Tunnel angelegt wurde. Neben einer Buddelkiste kann hier auch die Kastration helfen. Ansonsten müssen gefährdete Möbel so ausgewählt werden, dass sie sich schlechter dafür eignen (z.B. Kunstleder-Sofa) oder abgesperrt werden (Schlafzimmertüre schießen).
Weitere Tipps um die Wohnung kaninchensicher zu machen
Die richtige Kaninchengruppe – welche Kaninchen eignen sich?
Es braucht zwei Voraussetzungen, damit sich Kaninchen für die freie Wohnungshaltung eignen: Stubenreinheit und kein ausgeprägtes Nage- und Zerstörer-Verhalten
Kaninchen können stubenrein werden, aber nicht alle sind es im ausreichenden Maße. Besonders die Pubertät (um das erste Lebensjahr herum) führt oft zu größeren Unsauberkeiten durch Urin-Markierungen. Teils erfordert eine gute Stubenreinheit eine Kastration und auch gesundheitliche Probleme können die Stubenreinheit verschlechtern oder unmöglich machen. Zwei Kaninchen sind oft reinlicher als drei, aber ab vier oder fünf Kaninchen kippt meistens die Stubenreinheit so, dass die Tiere verstärkt mit Urin markieren. Bedenke auch, dass Unstimmigkeiten in der Gruppe zu Markierverhalten führen.
Viele Kaninchen sind recht glücklich mit Platz und zerstören keine Gegenstände, andere sind weniger ausgelastet und zernagen alles, was ihnen zwischen die Zähne kommt. Besonders Kaninchen in der Pubertät, die wenig ausgelastet sind, eignen sich oft so ein Verhalten an. Später ist es schwierig wieder weg zu bekommen…
Wir kennen das von Hundewelpen: Im Wachstum und in der Pubertät muss man mit mehr Unfällen in der Wohnung rechnen, sowohl was die Stubenreinheit, als auch das Zerlegen und Benagen von Gegenständen angeht.
Mein Tipp: Adoptiere stubenreine Kaninchen, die bereits die Pubertät überstanden haben (ab 1,5 Jahre) von einer erfahrenen Abgabestelle, die dich zum Charakter, Stubenreinheit und Zerstörer-Verhalten gut berät und passende Kaninchen für dich auswählt. Die Tiere sollten idealerweise schon länger harmonisch zusammen leben.
Es gibt nie eine Garantie – es sind Lebewesen
Bedenke, dass es auch mit den besten Start-Voraussetzungen nie eine Garantie gibt, dass die freie Wohnungshaltung gut klappt. Überlege dir, welche Alternativen möglich wären, wenn di Kaninchen doch nicht stubenrein sind oder mehr zerlegen, als du gedacht hast. Zum Beispiel kannst du ein Zimmer besonders gut sichern und sie im Rest der Wohnung nur unter Aufsicht laufen lassen. Oder du richtest ein Zimmergehege für sie ein indem du einen Teil des Wohnraums abtrennst.
Grundausstattung für die freie Wohnungshaltung
- Versteckmöglichkeiten und Unterschlüpfe (Kartons, Holz-Holzhäuschen…) um sich zu verstecken
- Halboffene Unterstände von denen sie aus die Umgebung beobachten können, idealerweise unter Möbelstücken oder in den unteren Fächern von Regalen.
- Tunnelsysteme zum Durchschlüpfen, die zum Erkunden und Spielen animieren.
- Viel Knabbermaterial zum benagen (Zweige, entsprechendes Spielzeug…)
- Eine Buddelkiste zum Graben, die den natürlichen Instinkt zum Buddeln unterstützt (besonders bei unkastr. Weibchen)
- Erhöhte Aussichtsplätze, etwa auf dem Fensterbrett, auf Stühlen, Katzenkratzbäumen, Regalen oder flachen Dächern, um den Raum zu überblicken.
- Ein Fressbereich mit großer Toilette davor, der auch unter größeren Möbeln eingerichtet werden kann.
- Weitere große Toiletten mit Heuraufe darüber (Anzahl der Kaninchen + 1 bzw. min. eine je Raum)
- Ein Wassernapf an einer gut erreichbaren Stelle ohne Einstreu
- Eine UVB-Lampe um Vitamin D zu synthetisieren (siehe Vitamin D)
Verhaltensgerechte Beschäftigungsmöglichkeiten
Kaninchen sind intelligente Tiere und benötigen ausreichend Beschäftigung, um sich nicht zu langweilen. Oft ist der Alltag schon mit viel Beschäftigung und Ritualen verbunden, z.B. einen Leckerli beim Gemüseschneiden oder Kuscheln auf dem Sofa abends beim Film schauen. In der freien Wohnungshaltung können verschiedene Spiel- und Beschäftigungsmöglichkeiten integriert werden:
Tunnel und Verstecke: Kaninchen lieben es, sich zu verstecken und durch Tunnel zu flitzen. Du kannst Pappkartons, Stofftunnel oder gekaufte Kaninchenhäuser anbieten. Wenn du einzelne Möbel von der Wand wegschiebst, kannst du dahinter einen Gang für die Kaninchen mit einer Röhre (z.B. Nylon-Tunnel) bauen oder solche Tunnel an unauffälligen Stellen in der Wohnung aufstellen.
Erhöhte Ebenen: Plattformen oder erhöhte Ebenen bieten den Tieren die Möglichkeit, ihre Umgebung zu überblicken und erhöhen ihre Wohlfühlatmosphäre. Besonders beliebt sind Fensterplätze auf dem Fensterbrett.
Kau- und Nagegegenstände: Kaninchen müssen regelmäßig nagen, um sich zu beschäftigen. Zweige, Weidenkörbe oder spezielle Nagehölzer sind ideal.
Kaninchen die alles beknabbern oder zerstören sind meistens gelangweilte, unterforderte, ängstliche oder gestresste Kaninchen – oder sie haben zu wenig Beschäftigung & Knabber-Möglichkeiten!
Abwechslung: Ein neuer Gegenstand steht in der Wohnung oder es steht etwas an einer anderen Stelle als sonst? Das weckt direkt die Aufmerksamkeit deiner Kaninchen! Stelle immer mal etwas anders hin als sonst. Beispiele: Die Gießkanne auf dem Boden, der Wäscheständer im Wohnzimmer…
Mehr Tipps zur Beschäftigung und Spielzeug
Toilettentraining für Kaninchen
Kaninchen sind von Natur aus sehr reinliche Tiere und lassen sich oft gut auf eine Kaninchentoilette trainieren. Eine geräumige Toilette mit einer geeigneten Einstreu wird von vielen Kaninchen gut angenommen. Es empfiehlt sich, mehrere Toiletten an verschiedenen Orten in der Wohnung aufzustellen, bis sich die Stubenreinheit eingependelt hat sollte es jedoch min. eine Toilette je Wohnraum und immer eine mehr als man Kaninchen hält, sein. Wähle immer große Toiletten, so dass die Kaninchen zu zweit gemütlich darin liegen können.
Umgang mit Schäden an Möbeln und Einrichtung
Kaninchen benagen auch mal Möbel: die Designer-Kommode oder den antiken Kleiderschrank sollte man lieber nicht in Reichweite aufstellen.
Kaninchen können gelegentlich Schäden an Möbeln oder Wänden verursachen. Um dies zu vermeiden, solltest du den Tieren ausreichend Alternativen zum Knabbern bieten und gefährdete Bereiche schützen. Wenn die Tiere bestimmte Möbel oder Ecken bevorzugen, können diese mit Schutzecken versehen oder unzugänglich gemacht werden. Natürlich kann man auch einfach eine Weidenbrücke oder Häuschen davor stellen. Es kann auch helfen, die Möbel auf die Kaninchenhäuschen zu stellen oder erhöht auf Metall-Stelzen, so dass die Kaninchen darunter leben und die Möbel in Ruhe lassen.
Mehr Infos zu Möbel- und Wandschutz
Man kann Kaninchen schimpfen, ablenken oder trainieren, damit sie bestimmte Verhaltensweisen anders ausleben, aber man sollte nie grob sein oder sie körperlich angehen, auch wenn sie gerade etwas wichtiges zerstört haben. Siehe Zerstörer-Seminar
Das richtige Einrichtung und Kaninchenbereiche
Kaninchen benötigen gemütliche und sichere Rückzugsorte, um sich auszuruhen. Häuschen, Tunnel oder Stoffhöhlen eignen sich gut, um den Kaninchen eine Wohlfühlatmosphäre zu bieten. Kaninchen machen besonders viel Dreck an der Futterstelle, beim Knabbermaterial, um die Buddelkiste und die Haupttoiletten herum. Es kann hilfreich sein, eine kleinere Ecke einzurichten, damit das Heu und die Einstreu nicht in der ganzen Wohnung verteilt Schmutz macht.
Beispiele freie Wohnungshaltung
Beispiel 1: Instagram @_hipster.bunnies
Beispiel 2:
Beispiel 3: Instagram @steffi.patsy.lumi
Beispiel 4: Instagram @flugohren
Biete wirklich viel Knabbermaterial und rund um die Uhr genug Grünfutter an – sonst beschäftigen sich deine Kaninchen mit deiner Einrichtung! Gut geeignet sind Wannen mit Heu, Stroh, Zweigen & Co. oder auch Spielzeug aus Heu, Holz oder Zweigen.
Die freie Wohnungshaltung von Kaninchen bietet viele Vorteile, wenn sie artgerecht umgesetzt wird. Wichtig ist, dass den Tieren ausreichend Platz, Sicherheit und Beschäftigungsmöglichkeiten geboten werden. Wenn die Wohnung kaninchengerecht gestaltet ist, steht einem glücklichen und gesunden Leben der Tiere nichts im Wege.