Angststarre beim Kaninchen

Traumatisierte Kaninchen: das hilft ihnen!

Traumatisierte Kaninchen, häufig aus schlechter Haltung oder Notfällen, benötigen besondere Zuwendung und Geduld, um wieder Vertrauen zu fassen. Dieser Artikel erklärt die Ursachen für Trauma, wie sich dieses zeigt und wie du deinem Kaninchen helfen kannst, seine Ängste zu überwinden.

Ursachen für Trauma bei Kaninchen

Kaninchen können durch verschiedene Umstände traumatisiert werden, wie:

  • Schlechte Haltung: Zu kleine Käfige, Isolation oder mangelhafte Pflege
  • Misshandlungen: Grober Umgang, Vernachlässigung oder Missbrauch
  • Plötzliche Veränderungen: Verlust des Partners der von Klein auf da war, Umzüge oder lange Transporte, früher Verlust des Muttertiers
  • Umweltkatastrophen: Überschwemmung oder Starkstürme die das Gehege abgerissen haben
  • Unfälle: Verkehrsunfälle, Stürze, Verbrennungen, grobe Einfangversuche, Handling durch Kinder…
  • Tierarztbehandlungen

Solche Erfahrungen hinterlassen Spuren, die sich oft durch Verhaltensänderungen zeigen.

Nicht jedes Tier, das so etwas erlebt, ist traumatisiert, es kommt sehr auf die Umstände, den Charakter des Tieres… an. Zum Beispiel ist ein Tierarztbesuch normalerweise nicht traumatisierend.


Erkennungsmerkmale eines traumatisierten Kaninchens

Traumatisierte Kaninchen zeigen häufig Symptome, wie:

  • Fluchtreflexe: Sie rennen panisch weg oder verstecken sich bei der kleinsten Bewegung. Teils rennen sie die Wände hoch oder gegen Gegenstände.
  • Erhöhte Schreckhaftigkeit: Sie reagieren extrem empfindlich auf Geräusche oder Berührungen.
  • Apathie: Manche Kaninchen ziehen sich komplett zurück und wirken antriebslos. Teils stellen sie die Nahrungsaufnahme ein.
  • Aggressivität: In manchen Fällen wehren sie sich durch Beißen oder Schlagen.
  • Selbstverletzung: beispielsweise wund lecken oder Fell ausreißen
  • Stressanfälligkeit

Diese Verhaltensweisen können die Interaktion erschweren, sind jedoch Ausdruck von Angst und Unsicherheit.

Zusätzlich kann man in bestimmten Situation die Erinnerung an das Trauma erwecken („Flashback“). Typische Reaktionen eines Kaninchens in einer akuten Stress- oder Traumaphase sind:

  • Starre: Das Kaninchen friert ein und zeigt keine bewusste Bewegung mehr.
  • Abwesenheit: Es reagiert nicht auf Ansprache oder Berührungen.
  • Vergrößerte Pupillen: Die Augen sind weit geöffnet, oft starr in die Ferne gerichtet.
  • Hervortretende Augen: Die Augen können durch die Stressreaktion stärker hervortreten.
  • Fluchtverhalten: Falls es nicht erstarrt, versucht es möglicherweise panisch, sich in ein Versteck zurückzuziehen.
  • Verstecken: Das Kaninchen sucht hektisch nach einem sicheren Unterschlupf.

Bestimmte Geräusche, Bewegungen oder Gerüche können bei einem traumatisierten Kaninchen als sogenannte „Trigger“ wirken. Diese Reize rufen schlagartig Erinnerungen an das belastende Ereignis hervor, welches das Kaninchen in eine Situation von Angst und Hilflosigkeit zurückversetzt. Diese Reaktion erfolgt unbewusst und liegt außerhalb der Kontrolle des Kaninchens.

Für uns Menschen mag dies oft unverständlich oder zufällig wirken: das Zuknallen einer Tür oder eine schnelle Körperbewegung können ebenso Auslöser sein wie ein plötzliches lautes Geräusch oder ein bestimmter Geruch. In solchen Momenten reagiert das Kaninchen nicht auf die aktuelle Umgebung, sondern auf die emotionalen und körperlichen Erinnerungen an das erlebte Trauma.

Um das Wohlbefinden des Kaninchens zu fördern, ist es wichtig, solche Auslöser zu erkennen und, wenn möglich, zu minimieren. Dies gibt dem Tier die Möglichkeit, sich in seinem neuen Umfeld sicherer zu fühlen.

Traumatisierte Kaninchen können Schwierigkeiten bei der Regulierung ihrer Emotionen zeigen und reagieren oft übermäßig stark auf bestimmte Reize. Diese Überreaktionen resultieren aus ihrer Vergangenheit und dem damit verbundenen Stress. Häufig zeigen sich dabei auch ambivalente Verhaltensmuster gegenüber anderen Kaninchen und Menschen.

  • Überreaktionen: Das Kaninchen kann bei plötzlichen Bewegungen oder lauten Geräuschen panisch fliehen, erstarren oder sogar aggressiv reagieren.
  • Ambivalentes Verhalten: In sozialen Interaktionen kann es zu Widersprüchen kommen. Das Tier sucht Nähe, zeigt dann aber plötzlich Angst oder Abwehrverhalten, wie zum Beispiel unerwartetes Beißen.
  • Ungewöhnliche Aggression: Manche Kaninchen zeigen bei Kontakt mit Artgenossen oder Menschen aggressive Verhaltensweisen, die nicht in ihr vorheriges Muster passen. Dies kann ein Ausdruck innerer Unsicherheit oder Überforderung sein.

Es ist wichtig, solche Verhaltensweisen als Teil der Bewältigung des Traumas zu verstehen und das Tier mit viel Geduld, Einfühlungsvermögen und Stabilität zu unterstützen. Dies schafft eine Basis, auf der das Kaninchen langsam wieder Vertrauen fassen kann.

Beim Menschen wird das Krankheitsbild „Posttraumatische Belastungsstörung“ (PTSD, PTBS) genannt.

Schlecht sozialisiert oder traumatisiert?

Ein Kaninchen das nicht richtig sozialisiert wurde, empfindet alles Neue als gefährlich und reagiert mit starker Angst. Hat ein Tier sein Leben nur im Stall verbracht, wird es Alltagsgeräusche oder eine neue Umgebung als bedrohlich erleben und sich erst daran herantasten. Es muss erst lernen, wie es sich verhalten kann und was gefährlich ist. Siehe Umweltsozialisation


Ein artgerechtes Gehege mit genug Rückzugsmöglichkeiten schafft ein sicheres Umfeld für das betroffene Kaninchen

Erste Schritte zur Behandlung

  1. Sicheres Umfeld schaffen:
    Sorge für ein ruhiges, großzügiges Gehege mit vielen Versteckmöglichkeiten. Kein Käfig oder Gitter!
    • Vermeide laute Geräusche oder hektische Bewegungen.
    • Andere Tiere oder Kinder, die Unruhe stiften könnten, sollten ferngehalten werden.
    • Ortswechsel sollten verhindert werden (z.B. Urlaubsbetreuung im gewohnten Gehege)
  2. Langsam Vertrauen aufbauen:
    • Setze dich in die Nähe des Kaninchens, ohne es direkt zu beachten.
    • Sprich ruhig und leise, um deine Präsenz zu gewöhnen.
    • Füttere es aus der Hand, wenn es sich dir nähert, aber zwinge es nicht dazu.
  3. Routine und Stabilität bieten:
    Kaninchen lieben feste Abläufe. Regelmäßige Fütterungszeiten und immer derselbe Tagesrhythmus geben ihnen Sicherheit.

Zahmen Kaninchen kann auch menschliche Zuwendung helfen.

Langfristige Unterstützung

  • Geduld ist entscheidend: Jedes Kaninchen braucht unterschiedlich viel Zeit, um seine Ängste zu überwinden.
  • Positive Verstärkung: Belohne es für kleine Fortschritte, z. B. mit Futter wenn es den Unterschlupf verlässt.
  • Kontakt zu Artgenossen: Sozialkontakte mit einem ausgeglichenen Partnerkaninchen können helfen.
  • Professionelle Hilfe: Wenn das Trauma sehr tief sitzt, kann ein auf Kaninchen und Verhaltenstherapie spezialisierter Tierarzt oder unsere Fachberatung unterstützen.

In spezifischen Fällen können Medikamente während der Behandlung oder darüber hinaus helfen, Ängste zu lindern und dem Kaninchen ermöglichen, sich zu entspannen und wieder wohl zu fühlen.


Häufige Fehler vermeiden

  • Zwang oder Druck: Lass das Kaninchen immer freiwillig agieren.
  • Falscher Umgang: Schreien, hektische Bewegungen oder das Greifen von oben verstärken die Ängste.
  • Isolation: Einzeln gehaltene Kaninchen leiden meist noch stärker unter Traumata.

Mit Geduld, Respekt und Einfühlungsvermögen kannst du traumatisierten Kaninchen helfen, wieder ein glückliches Leben zu führen. Ihr Verhalten mag anfangs schwierig wirken, aber mit der richtigen Unterstützung lernen sie, Vertrauen zu fassen und ihre Lebensfreude zurückzugewinnen.