Kann ich Kaninchen im Käfig oder Stall halten?

Leider werden immer noch Käfige und Kaninchenställe im Zoohandel und Tierabteilungen vertrieben, obwohl diese Haltungsform für Kaninchen komplett ungeeignet ist.

Käfige und Ställe sind für die Haltung ungeeignet

Der größte Käfig hat gerade einmal 1m² Grundfläche, also ein Sechstel der vorgeschriebenen MINDESTmaße!

Kaninchen haben einem immensen Bewegungsdrang, der mit einer Katze vergleichbar ist. Mit handelsüblichen Ställen oder Käfigen, wird man ihnen nicht gerecht. Sie können über einen Meter hoch springen, sich im Sprung umdrehen, mit 60km/h sprinten und blitzschnell Haken schlagen. Unser Tierschutzgesetz schreibt vor, dass die Haltung so bemessen sein muss, dass sie ihr natürliches Verhalten ausleben können. Deshalb brauchen sie auf dem Balkon, im Garten oder in der Wohnung ein mehrere Quadratmeter großes Gehege als Lebensraum anstatt eines Käfigs oder Stalles. So können sie ihr gesamtes Verhaltensrepertoire zeigen und der Halter kann dieses sehr schön beobachten.

Auch die Rechtsprechung in Deutschland berücksichtigt den starken Bewegungsdrang von Kaninchen und fordert analog zum TVT-Merkblatt min. 6 Quadratmeter Grundfläche, z.B.

„Das Kaninchen wurde nach den Feststellungen des Beklagten in einer einzigen Etage eines mehrstöckigen Stalls in Einzelhaltung gehalten. Soweit die Klägerin vorträgt, das Kaninchen habe alle Etagen des Stalles zur Verfügung gehabt, wird dies widerlegt durch die Feststellungen des Beklagten. Aus den durch die Mitarbeiter des Beklagten gefertigten Lichtbildaufnahmen (BA 001, Bl. 14a-14c) ergibt sich, dass lediglich eine Etage des Stalles mit Stroh eingestreut war. Die weiteren Etagen waren weder eingestreut, noch befanden sich dort Futternäpfe o.ä. Die Etage hatte Maße von 106 cm x 52 cm x 40 cm (L x B x H). Die Fläche, die dem Kaninchen D. zur Verfügung stand, betrug mithin lediglich ca. 0,6 m² und somit nur 1/10 der gesetzlich vorgegebenen Mindestfläche.“

Verwaltungsgericht Göttingen, Urt. v. 11.05.2020, Az.: 1 A 259/18

Chaninchen Wiese Kaninchen Ratgeber, Haltung und Pflege, tiergerechte Beschäftigung und Platzbedarf.

Gesetzliche Mindestmaße

Eine Mindestfläche von 6m² Grundfläche für zwei Kaninchen (jedes weitere + 20% Grundfläche) schreiben die Vorgaben der Tierärztlichen Vereinigung für Tierschutz (TVT) vor und wird so von der Rechtsprechung bestätigt.
Die Angaben der TVT gelten zur Auslegung von §2 Tierschutzgesetz (TschG), welches vorschreibt, dass jeder Halter seine Kaninchen „verhaltensgerecht unterzubringen“ hat und er „die Möglichkeit des Tieres zu artgemäßer Bewegung nicht so einschränken [darf], dass ihm Schmerzen oder vermeidbare Leiden oder Schäden zugefügt werden“.
Im Falle eines Gerichsverfahrens werden die Merkblätter der Tierärztlichen Vereinigung für Tierschutz (TVT) als antizipiertes Sachverständigengutachten zur Auslegung des §2 Tierschutzgesetz herangezogen und dienen den Amtsveterinären als Vorgabe für Mindestanforderungen in der Hauskaninchenhaltung.

Niedliche weiße Hasen mit Heu im Gehege.

Die Mindestmaße werden vom Verhalten der Kaninchen abgeleitet:

Hase auf Wiese, 80cm hoch, ideal für Kaninchenhaltung und gesunde Haltung, passende Größe für artgerechtes Leben.
Kaninchenauslauf mit Stall und Schutznetz für Kaninchenhaltung in Gartengebiet.
Ein Stall oder Käfig ist nur dann geeignet, wenn er mit einem Dauerfreilauf verbunden ist, der Tag und Nacht aufgesucht werden kann. In Außenhaltung muss auf Mardersicherheit geachtet werden!

Kann man Kaninchen nachts in den Stall sperren?

Kaninchen sind wechselaktiv

Auch nachts dürfen Kaninchen nicht in den Stall oder Käfig gesperrt werden

Kaninchen brauchen auch nachts viel Platz, denn als wechselaktive Tiere schlafen sie nachts nicht, sondern sind besonders zu den späten Abend- und frühen Morgenstunden extrem aktiv. Im Käfig werden sie dann in ihrer Verzweiflung am Gitter nagen, Lärm machen oder herumscharren und sich langweilen. Deshalb sollte man von vorne herein einen echten Lebensraum in einem Gehege für sie einplanen.

So urteilen auch Gerichte in Deutschland, z.B. das Verwaltungsgericht Göttingen (11.05.2020 – 1 A 259/18):

„Soweit die Klägerin darauf verweist, dass D. täglichen Auslauf im Garten bekommen habe, ist dies für eine artgerechte Haltung nicht ausreichend. Zwar wird an der durch die TierSchNutztV erlaubte Käfighaltung gut nachvollziehbare Kritik geäußert (ausführlich Hirt/Maisack/Moritz, Tierschutzgesetz, 3. Aufl. 2016, TierSchNutztV Vor §§ 31-37, Rn. 12 ff.) und aus Sicht der Grundbedürfnisse von Kaninchen eine Haltung verlangt, die lokomotorische Aktivitäten wie Hoppeln, Sprünge machen und Hakenschlagen bei hoher Geschwindigkeit zulässt (ebd., Rn. 10). Den Anforderungen einer solchen Haltung entsprach die Haltung des Kaninchens D. aber auch nicht, wenn ein täglicher Auslauf im Garten berücksichtigt wird. Für die Beurteilung zieht die Einzelrichterin zugunsten der Klägerin das Merkblatt der Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz e.V. heran (im Internet abrufbar unter Link, hält aber auch eine Kombination von Stallhaltung und Freilauf – im Sinne des Vortrags der Klägerin – für artgerecht. Dies gilt nach dem Merkblatt allerdings nur dann, wenn der Käfig, welcher ausschließlich als Rückzugsort dienen darf, Mindestmaße von 150 cm x 60 cm x 50 cm besitzt. Zudem muss der Käfig dauerhaft offenstehen, sodass das Kaninchen rund um die Uhr die Möglichkeit hat, sich in den Freilauf zu begeben.“

Fehldeklarationen täuschen Halter

Da die Käfige nicht für Kaninchen verkauft oder beworben werden dürfen (da sie zu klein für eine dauerhafte Haltung sind), werden meistens fantasievolle Deklarationen wie z.B. „Rabbit“ oder „Kleintierkäfig“ gewählt. Diese Fehldeklarationen führen dazu, dass Halter davon ausgehen, dass die Käfige für die Kaninchenhaltung geeignet wären.

Auch die Größenangaben sind oft durch Bezeichnungen wie z.B. „Villa“ oder „XXL“ irreführend, da die Halter davon ausgehen, dass die ein Luxus-Heim für ihre Hoppler erwerben, obwohl diese Käfige nicht einmal ansatzweise den Mindestmaßen entsprechen.

Kaninchen Käfige im Zoofachhandel, ideal für sicheren Kaninchenhaltung, preiswert & stabil.
„Rabbit 100“ vermittelt unwissenden Haltern den Eindruck, dass man in einem 100cm Käfig Kaninchen halten könnte.

Käfige und Ställe können im Gehege integriert werden

Handelsübliche Ställe können als Unterschlupf im Gehege aufgestellt werden und sollten auch nur für diese Nutzungsform im Handel vertrieben werden.

Bei Außenställen kann das Gitter entfernt werden, manche Modelle haben sogar einen separaten Eingang.

Käfige sind schwieriger zu integrieren, da die Gitterabsdeckung mit einem erheblichen Verletzungspotenzial einhergeht. Die Kaninchen dürfen nicht auf das Gitter springen und auch die Klapptürchen müssen ausgehängt werden, damit sich die Kaninchenfüße nicht in den Spalten verhängen – das führt bei Kaninchen regelmäßig zu schweren Verletzungen der Beine, Füße und Wirbelsäule! Das Gitteroberteil wird am besten komplett abgenommen, oder aber die Türe ausgehängt bzw. z.B. mit einer Weidenbrücke überbrückt und der Deckel mit einem Holzbrett oder dicken Teppich abgedeckt.