Kaninchenhaltung mit Depressionen

Tiere können bei Depressionen helfen

Zahlreiche Untersuchungen haben sich mit der Frage beschäftigt, ob Haustiere bei Depressionen helfen können. Dabei zeigt sich ein sehr klares Bild, denn die meisten Betroffenen nehmen ihre Tiere als wichtige Stütze wahr und berichten, dass die Haustiere ihnen im Alltag gut tun. Natürlich gibt es aber auch einzelne Menschen, denen die Tiere zur Last werden, gerade in schwierigen Phasen kann das der Fall sein.

Die Gründe, warum Kaninchen und andere Haustiere vielen Halterinnen und Haltern helfen, sind klar:

Bedingungslose Liebe: Ein Tier ist immer da, auch wenn die Lebensumstände oder die Situation schwierig sind. Es wertet nicht, lügt nicht und wenn der Mensch einmal nicht so funktioniert wie es von ihm erwartet wird oder von seiner Umgebung enttäuscht ist, bleibt es bedingungslos bei ihm. Das Tier ist da, wenn der Mensch auf emotionale Unterstützung angewiesen ist, das schafft Stabilität.

Verantwortung: Kaninchen brauchen Pflege, Futter und Aufmerksamkeit. Viele Betroffene berichten, dass sie es schaffen, für ihr Tier aufzustehen, auch wenn es ihnen sonst nicht möglich ist. Die Pflege des Tieres (pflücken gehen, sauber machen, füttern, raus lassen…) sorgt für Struktur im Tagesablauf und positive Aktivitäten.

Eine sinnvolle Aufgabe: Kaninchen können viel Freude bereiten, wenn sie beobachtet werden und so den Alltag schöner machen. Aber vor allem geben sie vielen Menschen einen Sinn. Betroffene berichten, dass ihre Tiere für sie auch ein Grund sein können, weiter zu leben: Tiere sind auf unsere Fürsorge angewiesen und vertrauen darauf, dass wir uns um sie kümmern.

Bewegung: Auch wenn viele Betroffene es nicht schaffen, für sich selbst z.B. Spazieren zu gehen, kann die Futterbeschaffung dazu motivieren und zu einer Tätigkeit werden, die hilft, im Moment zu leben und Sorgen beiseite zu schieben. Spaziergänge und das Pflücken an der frischen Luft fördert die Bildung von Vitamin D (Sonneneinstrahlung) und die Bewegung ist darüber hinaus nachweislich ein unschlagbares Antidepressivum.

Zuneigung: Berührungen mit zahmen Kaninchen, die sich streicheln lassen, können gut tun. Oftmals helfen sie zudem gegen Einsamkeit.

Vorsorge für Tiefs

Die meisten Halterinnen und Halter sind sehr feinfühlig und engagiert, dadurch haben es ihre Kaninchen meistens richtig gut! Damit es aber nicht zu Problemen kommt, kann man kritischen Situationen, die mit der Erkrankung zusammenhängen, vorbeugen.

Ein gutes Soziales Netzwerk

Gerade in der Kaninchen-Community herrscht erfahrungsgemäß ein starker Zusammenhalt. Es lohnt sich, Kontakte zu knüpfen – mit anderen Tierfreunden oder Kaninchenhaltern. Ein gutes soziales Netz hilft in schwierigen Situationen die Kaninchen gut versorgen zu können, etwas bei Klinikaufenthalten oder in depressiven Phasen. So kann man gegenseitig einspringen und sich unterstützen. Solch ein gutes Soziales Netz ist nicht nur im Sinne der Tiere, sondern auch im Umgang mit der Erkrankung hilfreich. Vielleicht können auch Verwandte oder Freunde helfen und unterstützen.

Kranke Kaninchen brauchen meist keine dauerhafte Beobachtung, diese kann aber belastend sein.

Kranke Kaninchen

Kaninchen können krank werden und dann sehr viel Sorgen bereiten, die belastend sein können. Gerade wenn es einem gerade nicht so gut geht, kann die psychische Belastung das Befinden verschlechtern. Auch die intensive Pflege kann belastend sein.

Was hilft im Umgang mit Krankheiten?

  • Kann man damit gar nicht umgehen, hilft es die Pflege abzugeben, z.B. an eine Tierarztpraxis, Tierbetreuung, andere Kaninchenfreunde oder Freunde/Verwandte.
  • Oft hilft es, die Kaninchen etwas abseits unterzubringen und sich feste Zeiten festzulegen, in denen man sich um die Versorgung kümmert, diese kann man ins Smartphone einspeichern. Die Maßnahme hilft auch mal “abzuschalten”. Beispielsweise kann es belastend sein, einem Kaninchen beim “Umfallen” zuzuschauen wenn es eine Ohrenentzündung hat. Es reicht aus, 2x tägl. zu füttern, zu pflegen und Medikamente zu geben.
  • Ablenkung kann helfen, z.B. Unternehmungen wie schwimmen gehen, Freunde treffen, einen Film schauen oder auf den Weihnachtsmarkt gehen.
  • Verhindere, dass sich dein Leben nur um die kranken Kaninchen dreht und lebe gezielt auch andere Hobbys aus.

Auch die finanziellen Herausforderungen sollten nicht unterschätzt werden (siehe nächster Punkt).

Finanzielle Sorgen und Hilfen

Durch eine Erkrankung kann man oftmals nur weniger oder gar nicht mehr arbeiten. Umso belastender kann es sein, zusätzlich zu sich auch noch die finanzielle Verantwortung für Tiere zu tragen. Damit das keine zusätzliche Belastung ist, sollte man vorsorgen!

Hilfe bei den Futterkosten: Hier findest du Tipps um Kosten zu sparen. Versuche den Sommer über zu pflücken und Geld für den Winter zurück zu legen. Wenn man zur Tafel gehen darf, kann man dort ggf. Gemüse für die Kaninchen mitnehmen.

Hilfe bei Tierbedarf: Versuche alte Gegenstände zweckzuentfremden, deinen Kaninchen ist es nicht wichtig, ob es aus der Zoohandlung kommt, gebraucht oder zweckentfremdet ist. Man kann so sehr günstig ein Gehege artgerecht einrichten. Tiertafeln können ebenfalls aushelfen.

Hilfe bei Tierarztkosten:
– Schließ unbedingt eine Krankenversicherung für deine Kaninchen ab, um plötzlichen, hohen Kosten vorzubeugen.
Weitere Hilfen:
– Mümmelkasse – speziell für Kaninchen
– Fonds für alle Felle – speziell für Kaninchen
– Möhrenspende – speziell für Kaninchen
– www.sozialfelle.de – Hilfe für Bedürftige (Rentner & Alleinstehende, Familien, Behinderte, Obdachlose, Schüler/Studenten/Azubis etc.)
– Medipay – Ratenzahlung ab 250€
– www.easycredit.de
– www.bon-kredit.de (ohne Schufa-Auskunft)
– Spenden-Aufruf in deinem Umfeld (Freunde, Bekannte, Verwandte..) oder auf Social Media (z.B. über Paypal oder gofundme sammeln)
– Crowdfunding oder Fundraising-Kampagnen können helfen
– Manche Tierheime und örtlichen Tierschutzvereine unterstützen in Härtefällen oder haben Tipps wie ihr die Situation angehen könnt
– Manche Tiertafeln können Hilfe bei Tierarztkosten leisten
– Stiftungen können ggf. auch Tierarztkosten übernehmen, wenn du wegen Krankheit nicht arbeiten kannst.

Tipps um die Versorgung zu vereinfachen

  1. Es muss nicht perfekt sein: Wenn du mal nur eine Sorte Frischfutter da hast oder sie mal einen Tag Heu fressen müssen, ist das kein Weltuntergang, setze dich deshalb nicht unter Druck! Sie leben auch nicht in ihrer Toilette, d.h. wenn sie mal nicht so sauber ist, können sie ausweichen, stresse dich deshalb nicht zu sehr!
  2. Für schwierige Zeiten darf es auch mal ein “Notanker” sein um dich zu entlasten, z.B. eine Frischfutterkiste bestellen (z.B. bei der Kaninchenkiste), Inkontinenzanlagen statt Einstreu verwenden um das Reinigen zu vereinfachen oder eingeweichte Heucobs statt Frischfutter…

Die Kaninchen abgeben?

Durch die Depression hinterfragen viele Menschen mit Depression alle ihre Werte und ihre Lebensweise grundliegend. Oftmals werden dadurch die Tiere abgeben. Oftmals ist es auch nur das schlechte Gewissen, das einen zu Unrecht plagt! Viele Halterinnen und Halter geben ihre Kaninchen z.B. mit Depressionen ab, da sie das Gefühl haben, ihnen nicht gerecht zu werden. Oft haben es diese Tiere dort richtig gut (besser als bei 95% der Haltungen!) und es wird alles für die Tiere getan. Das Gefühl, den Tieren nicht gerecht zu werden, ist nicht begründet sondern durch die Krankheit verursacht. Wenn man die Kaninchen noch füttert und sauber macht, gibt es keinen Grund sie abzugeben. Oft können Tiere sogar bei psychischen Erkrankungen helfen und Halt geben. In der Kaninchenhaltung geht es nicht um Perfektion, man darf Fehler machen, man muss nicht alles perfekt machen – auch wenn sie wo anders hingegeben werden, ist dort nicht alles perfekt! Vielleicht kann jemand im Umfeld unterstützen, wenn bestimmte Tätigkeiten ein Problem sind, so dass die Tiere weiterhin in diesem tollen Zuhause bleiben können?

Erfahrungsberichte

“Meine Mama leidet auch an Depressionen und aktuell auch in ambulanter Behandlung. Letzten Monat war der Todestag meines Papas (bereits 24 Jahre her, aber es gab eine Situation an dem Tag bzw die Aussage einer Ärztin die meine Mama bis heute belastet). Meine beiden Mümmels lassen sich normal nicht so gerne von ihr streicheln. Aber an dem Tag kamen sie beide zu ihr und haben sie angestupst und waren so zutraulich. Da meinte Mama ‚sag mal, beißt Mable?‘ und ich meinte ‚eigentlich nicht, außer du hast sie extrem geärgert‘. Und plötzlich saß die da und hat Mama die Hand abgeleckt 😍🥰Mama war sooo happy darüber und hat es ihrer Therapeutin erzählt – die meinte auch ‚Tiere merken das‘. Selbst mich hat Mable in einem Jahr erst einmal abgeleckt 😃”

“Ich habe mir in der letzten depressiven Episode vor 2 Jahren auch wieder Kaninchen geholt. Es hat mir unglaublich geholfen aus der Episode rauszukommen. Nicht alleine zu sein, etwas zum kümmern zu haben und Aufmunterung waren bei mir ausschlaggebend für eine schnelle Genesung ✨🐰🐇”

“Generell helfen Haustiere gegen Depressionen, weil sie helfen Serotonin auszuschütten, welcher der Neurotransmitter ist, der mit Depressionen verbunden ist und dagegen hilft. Ich bin auch mit Depressionen diagnostiziert und meine Kaninchen helfen wirklich öfter lächeln zu können und generell positiver zu denken. Ich bin durch sie auch produktiver geworden, weil ich zumindest am Anfang dann einen Grund hatte aufzustehen um zum Beispiel sauber zu machen. Und auch wenn es manchmal wieder schwer fällt, helfen die Kleinen in den Tag zu starten :)”

“Ich habe mir gerade in der Zeit, wo ich lang an Depressionen gelitten habe, Kaninchen angeschafft. Sie haben mir eine Aufgabe gegeben und mich so aus dem Bett geholt.

“Ich habe mich Monate lang nicht mehr aus dem Haus getraut. Die Liebe zu meinen Kaninchen hat mich motiviert pflücken zu gehen und dadurch kann ich mittlerweile wieder raus gehen und mich immer weiter weg von der Wohnung bewegen.”

“Ich habe nach drei schweren Jahren mein verbliebenen Kaninchen abgegeben (zu einer sehr guten Stelle) in der Hoffnung dass ich mich dann etwas mehr um mich selbst kümmern kann weil ich mir nicht so viele Sorgen um die Tiere machen muss. Leider ist genau das Gegenteil passiert: ich bin nach der Abgabe in ein so tiefes Loch gefallen, dass es mir auch jetzt 15 Monate später viel schlechter geht als mit Tieren. Da ist einfach nichts gutes mehr 😢 dazu kommen die Schuldgefühle wie ich ihn nur weggeben konnte”

“Also ich kann mich dem nur anschließen, bin auch seit Jahren depressiv und nichts hat mir geholfen. Aber die Kaninchen geben mir jeden Tag einen Grund aufzustehen und die dringend notwendige Struktur. Außerdem gibt es nichts schöneres und beruhigenderes als Kaninchen zu beobachten 😍 Das könnte ich den ganzen Tag machen! Und ihre lustige Art bringt einen immer wieder zum Lachen. Um ehrlich zu sein, oft sind sie der einzige Grund für mich, weiterzumachen. Weil sie eben jemanden brauchen und ich nicht weiß wo sie landen würden wenn ich nicht mehr da wäre. Die Kaninchen sind das, was mir am allermeisten hilft. In meinem Fall sind sie hilfreicher als jeder Therapeut, jedes Medikament und jede Klinik!”

“Mir geht es ähnlich…leider hat meine Psychiaterin mich vor kurzem “aufgegeben” und mich schlagartig von meinen Medikamenten abgesetzt…dementsprechend konnte ich mich nicht mal um meine Kaninchen kümmern. Ich persönlich habe das Glück, dass mein Vater sich dann um sie kümmert. Nur, dass er noch der Meinung ist, Trockenfutter sei Lebenswichtig für Kaninchen. Wenn es mir aber so schlecht geht, wie momentan, kann ich nicht mal mit ihm darüber diskutieren, da mir dafür einfach die Kraft fehlt. Gleichzeitig merke ich aber, wie gut mir meine Kaninchen tun, wenn ich ein wenig mehr Kraft habe. Vor allem helfen sie mir bei meinen Panikattacken…dann kommen sie zu mir, setzen sich auf meinen Bauch und eines meiner Kaninchen schleckt dann noch mein Gesicht ab”

“Also ich muss sagen, dass mir meine Kaninchen mit meiner Depression sehr helfen. Ich habe seit Jahren chronische schwere Depressionen und weiß manchmal nicht, wie ich alles schaffen soll. Aber wenn ich dann ins kaninchenzimmer gehe und die beiden sehe, wie sie kuscheln oder zu mir herkommen und mich anstupsen, ist das für mich ein Zeichen, dass nicht alles sinnlos ist und das Leben schön sein kann!”

“Hab meine Kaninchen auch geschenkt bekommen weil mein Mann und Schwester sich erhofft haben das es mir aus einem Loch hilft und das hat gestimmt 🥰 auch wenn ich manchmal ueberfordert bin, gerade wenn sie krank sind, helfen sie mir jeden Tag nicht aufzugeben und weiter zu leben 🥰 Mit den beiden hab ich halt immer was zu tun. Eine konstante routine im Alltag. Klo sauber machen, Muell runter bringen, Wasser wechseln, fuettern, und dadurch dass das Futter frisch ist kommt man auch mehrmals die Woche raus um was zu besorgen”

“Ich bin nicht diagnostiziert. Dennoch habe ich regelmäßiger depressive Schübe. Und ja ich denke meine Kaninchen und die positiven Seiten der Haltung helfen dann enorm. Denn man muss aufstehen. Ohne wären viele Zeiten viel schlimmer gewesen. Aber… Mir geht es am schlechtesten, wenn meine Kaninchen krank sind. Schlaflose Nächte, die ganzen Sorgen, das Gefühl allein zu sein mit dem Leid.
Meine Meinung dazu ist, dass Kaninchen sehr helfen können. Dennoch müssen einige Dinge beachtet werden. “Wer pflegt meine Tiere, wenn ich wirklich mal garnicht dazu in der Lage bin, oder in die Klinik muss?” “Kann ich alle Bedürfnisse meiner Kaninchen erfüllen?” “Wer hilft mir wenn sie krank sind?”
Und ich bin komplett dagegen, das die Kaninchen nur zur potentiellen Verbesserung der Depression angeschafft werden ohne sich weiter darüber Gedanken zu sein. Leider sieht man das oft bei Therapietieren, dass die Bedürfnisse des Tieres oft in den Hintergrund rücken, weil das Leid des Menschen mehr wert zu haben scheint.”

“Bei mir wurde eine mittelgradig Depressive Phase diagnostiziert und ich bin derzeit in Therapetischer Behandlung. Ich muss sagen das mir meine beiden Kaninchen (in außenhaltung) vorallem dabei helfen nicht den ganzen Tag im Bett liegen zu bleiben weil sie versorgt werden möchten und ich dadurch gezwungen bin aufzustehen und raus zu gehen.”

Quellen u.a.:

Brooks, H., Rushton, K., Walker, S., Lovell, K., & Rogers, A. (2016): Ontological security and connectivity provided by pets: a study in the self-management of the everyday lives of people diagnosed with a long-term mental health condition. BMC psychiatry16(1), 1-12.

Brooks HL, Rushton K, Lovell K, et al. (2018): The power of support from companion animals for people living with mental health problems: a systematic review and narrative synthesis of the evidence. BMC Psychiatry 2018;18:31.

Hoy-Gerlach, J., Vincent, A., & Lory Hector, B. (2019): Emotional support animals in the United States: Emergent guidelines for mental health clinicians. Journal of Psychosocial Rehabilitation and Mental Health6(2), 199-208.

Hoy-Gerlach, J., Vincent, A., Scheuermann, B., & Ojha, M. (2022): Exploring Benefits of Emotional Support Animals (ESAs): A Longitudinal Pilot Study with Adults with Serious Mental Illness (SMI). Human-Animal Interaction Bulletin.

Yamamoto, M., & Hart, L. A. (2019): Providing guidance on psychiatric service dogs and emotional support animals. In Clinician’s guide to treating companion animal issues (pp. 77-101). Academic Press.